Frage an Marieluise Beck von Hildegund M. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrte Frau Beck,
wir, die Bremer Regionalgruppe der IPPNW (Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung) würden gern wissen, wie unsere friedens-,energie-,gesundheits-und sozialpolitischen Ziele von Ihnen in der nächsten Legislaturperiode vertreten werden. Außer den schon von F. S. .gestellten Fragen, die auch für uns von großer Wichtigkeit sind, stellen sich für uns noch weitere.
1. Militärinterventionen wie die „Responsibility to Protect“ (Schutzverantwortung) werden mit dem Hinweis auf „sich entwickelnde Rechtsnormen) gerechtfertigt und dadurch das Prinzip der staatlichen Souveränität relativiert. Die Friedensbewegung kritisiert, dass im Namen der Menschenrechtspolitik eigene Interessen der interventionsfähigen Staaten betrieben werden. Deutschland bindet sich immer mehr in dieses Interventionskonzept ein.
Lehnen Sie Bundeswehreinsätze im Rahmen humanitär begründeter Militärinterventionen ab?
2. Millionen Menschen fliehen vor Krieg, Verfolgung und Hunger. Von ihnen suchen ein Teil Schutz in Europa und Deutschland. Die europäischen Staaten versprechen Schutz, betreiben aber mit der Grenzschutzagentur Frontex einen Aufwand gegen illegale Einwanderung. Die BRD beteiligt sich finanziell und personell erheblich an der Sicherung der europäischen Außengrenzen durch Frontex.
Wie stehen Sie zu Frontex?
3. Um die Energiewende voranzutreiben ist der bürgernahe, dezentrale Ansatz effektiver als der zentralistische.
Geben Sie der Förderung von Onshore-Windkraftanlagen gegenüber den Offshore- Windparks den Vorzug?
Planen Sie, die Förderung von Photovoltaik-Anlagen in Bürgerhand fortzusetzen?
Hildegund Mikoteit
Sehr geehrte Frau Mikoteit,
in Ihren Fragen sprechen Sie Themen an, die mir als grüne Außenpolitikerin sehr am Herzen liegen. Speziell das Thema Krieg und Frieden hat mich in meinem politischen Leben immer wieder beschäftigt. Bis heute ist für mich eine der wichtigsten ethischen Grundfragen der Politik jene nach dem Schutz von Leib und Leben bedrohter Menschen und Völker und damit verbunden die Frage nach der Legitimität einer militärischen Intervention. Aus meiner Sicht macht es einen wesentlichen Unterschied, ob jemand zur Waffe greift, um andere Völker zu erobern und zu unterjochen, oder ob er darin die letzte Möglichkeit sieht, das Leben Unschuldiger zu retten und Völkermord, ethnische Säuberungen oder Massenvergewaltigungen zu verhindern. So paradox es klingt, können militärische Interventionen der Wiederherstellung des Friedens eher dienen als ein bedingungsloser Pazifismus. Wenn darüber Einverständnis besteht, kann der Streit um die Frage geführt werden, unter welchen Voraussetzungen der Einsatz von Soldaten als ultima ratio gerechtfertigt ist und zum gewünschten Ziel führen kann.
Nun zu Ihrer zweiten Frage: Meine Fraktion und ich setzen uns für eine menschenrechtsorientierte Flüchtlingspolitik auf Grundlage der Genfer Flüchtlingskonvention und die Europäische Menschenrechtskonvention ein. Die europäische Grenzschutzagentur FRONTEX verstößt mit ihrer Arbeit gegen den in der Genfer Flüchtlingskonvention verankerten Grundsatz der Nichtzurückweisung, nach dem die Rückführung von Personen in Staaten untersagt ist, in denen ihnen Folter oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen drohen. Deshalb fordern wir einen institutionellen Neuanfang. Wir wollen eine gemeinsame Grenzpolitik der EU, welche Menschenrechte garantiert, das Recht auf Asyl durchsetzt, Flüchtlinge aus Seenot rettet und die durch das Europäische Parlament kontrolliert wird. Statt die Außengrenzen der Europäischen Union immer weiter hochzurüsten wollen wir unser außen- und entwicklungspolitisches Handeln darauf ausrichten, die gesellschaftlichen, ökonomischen und ökologischen Ursachen von Flucht und Vertreibung zu bekämpfen. Wir setzten uns auf europäischer Ebene für ein solidarisches Asylsystem ein, das auf Wahlfreiheit für Flüchtlinge und Solidarität unter den Mitgliedsstaaten der EU beruht und ausschließt, dass Flüchtlinge bereits an den Außengrenzen von GrenzpolizistInnen abgewiesen werden.
Zur Energiewende: Wir wollen beides tun: Den Windkraftausbau an Land weiter forcieren und so fördern, dass auch Binnenstandorte im südlichen Deutschland stärker genutzt werden. Und den Ausbau der Windkraft auf See, der zurzeit erheblichen Verzögerungen unterliegt, stetig fortsetzen. Wenn wir das grüne Ziel einer vollständigen Umstellung auf Ökostrom möglichst schon bis 2030 erreichen wollen, dann müssen die Erzeugungspotenziale erneuerbarer Energien unter Beachtung der Umwelt- und Naturschutzbelange breitmöglich genutzt werden. Der Bau neuer Stromautobahnen ist so oder so erforderlich, da immer mehr Wind- und Solarstrom zu einer erhöhten Volatilität im Stromsystem führen. Deshalb ist es notwendig, dass je nach Wind und Sonnenschein binnen kürzester Zeit große Strommengen überregional transportiert werden müssen. Dafür braucht es leistungsfähige Stromnetze. Wir Grünen wollen den Bedarf aber kritisch überprüfen und werden nur tatsächlich für die Energiewende erforderliche Stromtrassen unterstützen. Dabei setzen wir auf eine transparentere Planung unter Einbeziehung der Öffentlichkeit.
Der bisherige Boom der Erneuerbaren Energien in Deutschland wurde zu über 90% von Privatleuten und Stadtwerken, nicht von den vier großen Energieversorgern gestemmt. Wir wollen, dass die Energieversorgung der Zukunft dezentraler und bürgernäher wird als bisher.
Mit freundlichen Grüßen
Marieluise Beck