Wieso und auf der Grundlage welcher wissenschaftlicher Erkenntnisse sollen nicht-infizierte Menschen infektiöser sein als Geimpfte, als Genesene oder als infizierte Ungeimpfte?
Sehr geehrte Frau Schäffer,
in Ihrer Antwort vom 21. März 2022 (URL: https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/marie-schaeffer/fragen-antworten/mit-welchen-argumenten-rechtfertigen-sie-die-benachteiligung-von-nicht-infizierten-und-als-solche-auch ) führten Sie für die Grundrechtseinschränkungen die Risiken, die von Ungeimpften ausgingen, und die dieses Risiko und seine Gewichtung belegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse als Argumente an, die für die gesetzgebenden Organe hinsichtlich der Einschränkung von Rechten und Grundrechten ausschlaggebend gewesen seien, ohne dass Sie die gesetzlichen Grundlagen und die wissenschaftlichen Erkenntnisse näher bezeichnet hätten.
Deshalb ergänze ich meine Nachfrage wie folgt:
Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse haben Sie und die übrigen an der Gesetzgebung Beteiligten in die Gesetze einfließen lassen und welchen rechtlichen Stellenwert haben diese Erkenntnisse, um Grundrechtseinschränkungen zu rechtfertigen?
MfG
Gotthilf K.
Sehr geehrter Herr K.,
ich kann an dieser Stelle natürlich nur für mich sprechen und nicht für „die übrigen an der Gesetzgebung Beteiligten“.
Nach den gesetzlichen Grundlagen hatten Sie mich bisher nicht gefragt. Zentrale Grundlage ist natürlich das Infektionsschutzgesetz (IfSG), das im Zuge der Covid-19-Pandemie zahlreiche Änderungen durchlief. Eine lesenswerte kritische juristische Einschätzung der staatlichen Maßnahmen im Kontext der Pandemie findet sich z. B. auf den Seiten der NRO Gesellschaft für Freiheitsrechte e. V. (GFF): https://freiheitsrechte.org/themen/demokratie/corona-und-grundrechte. Dort können Sie sich u. a. über die gesetzlichen Grundlagen ausführlich informieren.
Bezüglich Ihrer Frage nach den wissenschaftlichen Erkenntnissen als Grundlage für mein politisches Handeln kann ich nur noch einmal auf die Expertise des RKIs verweisen oder z. B. auch auf die des Paul-Ehrlich-Instituts. Im vollen Bewusstsein, dass der wissenschaftliche Erkenntnisstand regelmäßig voranschreitet und dabei auch revidiert wird, habe ich generell vollstes Vertrauen in diese anerkannten Institutionen, die während der Pandemie meine primären Informationsquellen bildeten.
Um den zweiten Teil Ihrer Frage zu beantworten: Grundsätzlich bildete und bildet der jeweils aktuelle anerkannte Stand der Wissenschaft eine wichtige Grundlage für die Rechtfertigung von Grundrechtseinschränkungen, z. B. in Bezug auf Ihre Ausgangsfrage (vgl. a. Punkt A.8. der Ausführungen der GFF unter dem angegebenen Link).
Zuletzt möchte ich erwähnen, dass ich die kritische gesellschaftliche, politische und juristische Auseinandersetzung mit den politischen Maßnahmen, die dem Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie galten und gelten, in einer Demokratie für unabdingbar halte – insbesondere in Bezug auf die erfolgten Grundrechtseinschränkungen. Diese Debatten gilt es aber von Verschwörungserzählungen und demokratiezersetzenden Angriffen zu unterscheiden, damit wir Demokratie und Rechtsstaat weiter stärken können und nicht dauerhaft schwächen.
Mit freundlichen Grüßen
Marie Schäffer