Frage an Marie Schäffer von Felix W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag Frau Schäffer
Sie sind im neuen Parlament ja als junge Frau weitaus jünger sogar als der Durschnitt der Abgeordneten. Wissen sie woran es liegt das auf Bundes, Landes, und Komunalebene so wenig Frauen ihres Alters in den Parlamenten vertreten sind?
Bestehen hier , nach den Erfahrungen die sie zb. bis jetzt gesammelt haben gleiche Chancen zu Männern ?
Oder ist eine Karriere in der Politik für viele Frauen einfach uninteressant , wegen anderer Beruflicher Alternativen ?
Ich bedanke mich im Vorfeld für die Aufmerksamkeit die sie meinem Anliegen widmen
Beste Grüße
F. W.
Lieber Herr W.,
vielen Dank für diese Frage! Ich habe leider keine vollständige Antwort
auf das von Ihnen angesprochene Problem.
Ein wichtiger Grund sind sicherlich die hohe Arbeitsbelastung und vor Allem die sehr unregelmäßigen Arbeitszeiten, die Abgeordnete aber auch ehrenamtliche Kommunalpolitiker*innen und die vielen weiteren Ehrenamtlichen in den Parteien haben. Das ist für alle eine Herausforderung, aber mit kleinen Kindern oder anderen familiären Aufgaben ist es extrem schwierig. Das gilt natürlich genauso für Männer, die sich gerne um ihre Kinder kümmern möchten, aber bei Frauen ist es gesellschaftlich deutlich weniger akzeptiert.
Ein weiterer Aspekt ist, dass gerade junge Frauen von Anfeindungen und Drohungen im Netz betroffen sind. Mich persönlich dies bisher zum Glück kaum getroffen, aber ich weiß, dass andere junge Politikerinnen täglich mit extremer Hetze umgehen müssen.
Abgesehen davon ist die Skepsis gegenüber jungen Politiker*innen scheinbar in großen Teilen der Bevölkerung ziemlich hoch. Das äußert sich z.B. in der immer und immer wieder gestellten Frage "Hast du denn überhaupt mal was ordentliches gearbeitet?". Teilweise stellt sich schon das Gefühl ein, dass man sich als junge Frau bei vielen Leuten mehr beweisen muss als andere, bevor man ernst genommen wird. Allerdings: als Ausgleich habe ich auch viele positive Kommentare (gerade von Jungen Menschen) bekommen, die sich sehr über junge Politiker*innen freuen.
Zu guter Letzt: innerhalb meiner Partei fühlte ich mich als junge Frau immer sehr gut unterstützt. Die von Anfang an gelebte strikte Frauenquote bei den Bündnisgrünen führt dazu, dass im Gegensatz zu vielen anderen Organisationen keine männlichen Netzwerke das Parteileben dominieren und generell eine Atmosphäre herrscht, in der man sich alle wohl fühlen.
Ich glaube, es sind von Seiten der Parteien und der Institutionen noch viele Maßnahmen nötig und möglich, um die Situation zu verbessern. Ein positives Beispiel ist, dass in der Stadtverordnetenversammlung Potsdam nun die Erstattung von Kinder-Betreuungskosten während Sitzungen verbessert wurde. Aber auch die Gesellschaft als ganzes ist natürlich in der Pflicht für faire Umgangsformen und Anerkennung von politischem Engagement.
Echte Gleichstellung, in der Politik und anderswo, ist leider ein Thema,
für das wir wohl noch eine ganze Weile arbeiten müssen.
Herzliche Grüße
Marie Schäffer