Frage an Marie Schäffer von Kevin S. bezüglich Finanzen
Liebe Frau Schäffer,
danke für die freundliche Antwort auf meine letzte Frage. Ich erlaube mir, bei unkonkreten Antworten nachzuhaken.
Was sind für Sie gigantische Kosten für eine einzelne Familie und für das Land Brandenburg? Können Sie das in Zahlen ausdrücken und nennen für welche Maßnahmen oder Kostenpositionen gigantische Kosten anfallen werden? Mir fällt höchstens Deichbau ein.
Finden Sie nicht eine dreizehnte Monatsmiete, die die Stromkosten inzwischen ausmachen für eine Durchschnittsverdienerfamilie auch schon gigantisch?
Muss man nicht von den Kosten, die eine Klimaerwärmung mit sich bringt die Mehreinnahmen abziehen? So werden der Weinanbau in Brandenburg und der Tourismus riesige Mehreinnahmen bringen, so dass eine Klimaerwärmung von 2 Grad auch einen erheblichen Nutzen mit sich bringt.
Liebe Grüße
K. S.
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Rückfragen zu meiner Antwort. In der Annahme, das
sie ernsthaftes Informationsinteresse zum Thema Klimawandel und
Klimafolgen haben, möchte ich Ihre konkreten Rückfragen natürlich gerne
beantworten. Da eine umfassende Behandlung dieses Themas den Rahmen
dieser Antwort sprengen würde und ich Ihnen auch die von Ihnen so
geschätzen konkreten Details nicht vorenthalten möchte, habe ich
Referenzen zu weiterführenden Informationsangeboten hinzugefügt.
Bei weitergehendem Interesse möchte ich sie zudem auf Angebote wie z.B.
das wissenschaftliche Portal KlimafolgenOnline [1] vom Potsdam Institut
für Klimafolgenforschung (auch in einer Version als Bildungsportal
verfügbar [2]), das Portal Klimafakten [3] oder den kürzlich erst
veröffentlichten Sonderbericht des Weltklimarates [4] verweisen.
Sie Fragen zuerst nach den gigantischen Kosten, die auf einzelne
Familien sowie auf die Gesellschaft als ganzes zukommen. Hier lassen
sich zahllose Beispiele aufzählen, die weit über den Deichbau hinaus
gehen. Aus Sicht einer Familie sind hier z.B. die zusätzliche Kosten für
Klimatisierung zu nennen, die durch einen hohen Stromverbrauch die von
Ihnen genannte "dreizente Monatsmiete" noch einmal deutlich erhöhen und
dank klimaschädlicher Kältemittel den Klimawandel sogar weiter anheizten
[5]. Für die Gesamtgesellschaft sind unter anderem hohe Kosten zu tragen
für die Bekämpfung von Extremwetterereignissen (z.B. Dürren und
Waldbrände), für die Wasserversorgung (angesichts im Sommer
austrocknender Flüsse und Seen) sowie für das Gesundheitswesen (welches
mit Hitzeerkrankungen und tropischen Krankheitserregern konfrontiert
sein wird) [6].
Sie haben zudem um die Nennung von Zahlen gebeten. Da seriöse
Zukunftsprognosen naturgemäß mit gewissen Spielräumen einhergehen, ist
es nicht möglich, die Kosten einzelner Maßnahmen wissenschaftlich seriös
auf den Euro genau zu beziffern. Entsprechende Studien kommen allerdings
durchaus auf Kosten in gigantischen Größenordnungen. Zum Beispiel
schätzt das Bundesumweltamt die Kosten allein für den bereits jetzt
notwendigen Schutz von Gebäuden in Deutschland gegen Stürme auf 1 bis
1,5 Milliarden € jährlich [8]. Zugleich rechnet eine EU-Studie auf einen
ungefähren gesamtwirtschaftlichen Verlust von 190 Milliarden € beim
EU-Bruttoinlandspordukt pro Jahr bis 2080 durch den ungebremsten
Klimawandel [7].
Zuletzt haben Sie meine Einschätzung von möglichen Mehreinnahmen durch
die Klimaerwärmung gebeten. Sie haben natürlich nicht unrecht damit,
dass in einzelnen Regionen durchaus einzelne positive Auswirkungen des
Klimawandels denkbar sind, z.B. durch regionalen Tourismus oder dadurch,
das in Regionen wie Sibirien eventuell bald Ackerbau möglich ist. Da der
Klimawandel ein weltweites Phänomen ist, müssen Kosten und Nutzen global
miteinander verglichen werden. Hier ist der eindeutige wissenschaftliche
Konsens, das großen Schäden und beträchtlichen Kosten durch die
Auswirkungen des Klimawandels nur ein vergleichsweise sehr geringer
Nutzen gegenübersteht. Eventuell kurzfristig "profitierende" Regionen
können zudem durch Migration, Überbevölkerung und gewaltsame Konflikte
gefährdet werden [9].
Zumal nicht feststeht, das Brandenburg überhaupt Mehreinnahmen hat: Ein
Austrockenen von Seen oder die Verschmutzung des Spreewalds durch
Tagebauabwässer könnte erhebliche negative Folgen z.B. für den Tourismus
haben. Als verantwortungsbewusste Politikerin bin ich deshalb nicht
bereit, solche gefährlichen Wetten auf die Zukunft einzugehen, sondern
werde mich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass Brandenburg und
Deutschland den zugesagten Anteil an den weltweiten Anstrengungen zur
Bekämpfung des Klimawandels auch tatsächlich erbringen.
Mit freundlichen Grüßen
Marie Schäffer
[1] https://www.pik-potsdam.de/services/klimafolgenonline
[2] https://www.KlimafolgenOnline-Bildung.de
[3] https://www.klimafakten.de/
[4] https://www.ipcc.ch/report/srccl/
[5]
https://www.umweltbundesamt.de/themen/wirtschaft-konsum/produkte/fluorierte-treibhausgase-fckw/anwendungsbereiche-emissionsminderung/gebaeudeklimatisierung
[6]
https://www.klimafakten.de/behauptungen/behauptung-die-erderwaermung-wird-deutschland-kaum-probleme-bereiten#lang
[7]
https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/461/publikationen/4298.pdf
[8]
https://ec.europa.eu/jrc/en/publication/eur-scientific-and-technical-research-reports/climate-impacts-europe-jrc-peseta-ii-project
[9]
https://www.klimafakten.de/behauptungen/behauptung-der-klimawandel-ist-nicht-so-schlimm