Frage an Marie Schäffer von Julia K. bezüglich Soziale Sicherung
Liebe Frau Schäffer,
wie stehen Sie zur Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens und glauben Sie, dass es finanzierbar ist und wenn ja, wie?
Vielen Dank und viele Grüße
J.K.
Liebe Frau K.,
ich sehe in der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens ein großes Potential für unsere Gesellschaft. Als politisch denkende Informatikerin nehme ich sehr akut wahr, wie die zunehmende Digitalisierung aller Lebensbereiche Arbeit verändert. Einerseits ist abzusehen, wie nach und nach bestimmte Kategorien von Jobs immer mehr automatisiert werden. Und andererseits haben wir eine stetig wachsende neue Klasse von prekärer Beschäftigung, die mit Scheinselbstständigkeit, Dauerüberwachung, dem Wegfall aller Individualität in der Jobausübung und dem Zurückdrehen von mühsam erkämpften Arbeitnehmerrechten einhergeht. Beispiele dafür sind Lieferdienste, Fahrdienste, Versandhandel oder auch Dienste wie "Mechanical Turk". Neben der notwendigen Regulierung solcher Auswüchse ist ein bedingungsloses Grundeinkommen für mich ein Weg, den Menschen Würde und eine starke Verhandlungsposition zurück zu geben. Dies eröffnet auch die Möglichkeit, sich in einem rasant verändernden Arbeitsmarkt ohne Druck neu orientieren zu können oder z.B. mal eine Pause für die Familie einzulegen.
Deshalb habe ich mich bei der Initiative "Grundeinkommen ist wählbar!"
registriert. ( https://www.grundeinkommen-ist-waehlbar.de/2019-bb/ )
Da ein solch grundlegender Wandel nur bedachtsam gelingen kann, werde ich mich dafür einsetzen, dass in wissenschaftlich begleiteten, aussagefähigen Modellprojekten die gesellschaftlichen Auswirkungen eines Bedingungslosen Grundeinkommens erprobt werden. In der Zwischenzeit unterstütze ich den Kurs von Bündnis 90/Die Grünen auf Bundesebene, mit der Abschaffung von Hartz-IV-Sanktionen, der Kindergrundsicherung, der Garantierente und Elternunabhängigem BAföG erste Schritte in diese Richtung zu gehen.
Für die Finanzierung und konkrete Umsetzung gibt es verschiedene Konzepte. Beispielsweise halte ich das Modell einer negativen Einkommenssteuer für vielversprechend, da es sicherstellt, dass jeder, der arbeitet dadurch auch tatsächlich etwas dazu verdient. Die entstehenden Kosten hängen vor allem davon ab, wie die Menschen auf diese neuen Umstände reagieren, also wie viele z.B. aus dem Job aussteigen, die es sonst nicht getan hätten. Andererseits können auf Seiten der Verwaltung potentiell erhebliche Einsparungen entstehen. Beides muss im Rahmen Modellprojekten wissenschaftlich erforscht werden um zukünftig fundierte Entscheidungen dazu treffen zu können.
Herzliche Grüße
Marie Schäffer