Frage an Marianne Burkert-Eulitz von Franziska K. bezüglich Medien
Ich bin freiberufliche Musikschullehrerin an mehreren staatlichen Musikschulen der Stadt Berlin. Wir bekommen demnächst neue Honorarverträge, da wir scheinselbstständig sind. Gut 90 Prozent der Berliner Musikschul-Lehrkräfte sind Honorarlehrer. Für die Honorare gelten Sätze, die für Nebenberufler mit Fachhochschulabschluss ausgelegt sind. Die Honorarkräfte sind jedoch überwiegend hauptberuflich an den Musikschulen tätig und haben einen Hochschulabschluss. Wir als Honorarkräfte der Berliner Musikschule arbeiten bereits jetzt unter prekären finanz. Verhältnissen:
bekommen keine vollständige Honorarfortzahlung im Krankheitsfall, keinen Mutterschutz, haben
kaum Alterssicherung zu erwarten, sind ohne Angabe von Gründen kündbar, genießen nahezu keinen arbeitsrechtlichen Schutz, werden gegenüber angestellten Lehrkräften erheblich schlechter bezahlt und müssen durch bezirkliche Willkür bei Aufnahmestopps oft monatelange Honorarausfälle hinnehmen.
Mit einem neuen Dienstvertrag droht sich unsere Situation abermals zu verschlechtern.
Ich habe KollegInnen, die trauen sich keine Familie zu gründen, weil sie nicht wissen wie sie diese ernähren sollten. Als Musiker findet man in Friedrichshain kaum eine bezahlbare Wohnung und man findet auch sehr schwer eine Wohnung weil man ja "Krach" macht und kein regelmäßiges Einkommen nachweisen kann. Wir befürchten im Rahmen der Änderung des Dienstvertrags u.a. Streichung der Honorafortzahlung im Krankheitsfall, eine Studenbegrenzung auf 15 Unterrichtsstunden pro Woche, kein Honorar bei Absage des Unterrichts von Seiten des Schülers, den Wegfall der Durchbezahlung durch die Ferien. Wir bitten Sie, als Partei der Grünen sich gegen diese neuen Bestrebungen zu wenden und uns mit einem Tarifvertrag, bzw. einer Festanstellung eine sicherere finanzielle Basis zu ermöglichen.
Mit freundlichen Grüßen,
Franziska Kreutzer
Sehr geehrte Frau Kreutzer,
vielen Dank für Ihre Fragen.
Die von Ihnen beschriebenen Probleme sind mir aus meinem eigenen Freundeskreis gut bekannt, d.h.: die prekäre soziale Situation, in der sich freischaffend Unterrichtende insbesondere im Musikbereich befinden. Das Problem der Scheinselbständigkeit und die damit einhergehende Prekarität, was den Lebensunterhalt als auch die soziale Absicherung betrifft, stellt sich meinem Kenntnisstand leider nicht nur bei den MuskischullehrerInnen, sondern insgesamt im künstlerischen Bereich. Hier steht die Landesebene in der Verantwortung. Dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg werden im Rahmen der Haushaltsmittel vom Land Berlin zu wenige finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt. Der Bezirk verfügt hier nur über einen sehr schmalen Fonds zur Kulturförderung mit dem er das gerade in Friedrichshain-Kreuzberg ungeheuer große kulturelle Potential fördern kann. Hierzu gehören das Theater, die bildenden Künste, Literatur (Bibliotheken) ebenso wie die Musik, die der Bezirk finanziell unterstützt, soweit ihm dies möglich ist. Wie gesagt besteht eine finanzielle Abhängigkeit des Bezirkes vom Land Berlin. Wenn es auf Landesebene eine Kulturförderung gibt, dann findet diese vor allem bei den großen Häusern statt. Substantielle Änderungen können hier nur über entsprechende landespolitische Weichstellungen erreicht werden, für die mich als Friedrichshainer Abgeordnete selbstverständlich einsetzen würde.
Was konkret die von Ihnen beschriebenen Arbeitsbedingungen sowie den neuen Dienstvertrag betrifft, so sind solche Zustände, vor allem wenn sie sich verfestigen und ausbreiten, natürlich nicht tolerierbar. Ich gebe Ihnen vollkommen Recht, dass es ein unhaltbarer Zustand ist, wenn fertig an der Hochschule ausgebildete MusikpädagogInnen am Rande des Existenzminimums leben müssen, und dies ohne nennenswerte sozial- oder arbeitsrechtliche Mindeststandards. Dies betrifft auch die bezirklichen Musikschulen, bei denen es so gut wie keine neuen Festanstellungen mehr gibt. Ich bin eine Verfechterin der öffentlichen Musikschulen, konnte ich doch selbst an diesen Angeboten partizipieren. Musikalische Bildung für Kinder und Jugendliche halte ich für eine wichtige und positive Erfahrung für diese. Ich halte den Abbau der musischen Bildung im Land Berlin für unverantwortlich. Hier gibt es massiven politischen Handlungsbedarf in der nächsten Legislaturperiode.
Gleiches gilt übrigens auch für die immer knapper werdenden bezahlbaren Probenräume oder Ateliers. Auch hier müssen auf der Landesebene mehrere Instrumente eingesetzt werden. Neben den allgemeinen Maßnahmen, die wir gegen immer stärker steigenden Mieten einsetzen wollen (Zweckentfremdungsverbotsverordnung, größerer Anteil an landeseigenen Wohnungen) wäre hier bspw. an eine Stärkung des Atelierprogramms beim Senat zu denken, ähnliches ist sicher auch für Proberäume im musikalischen Bereich denkbar.
Ich denke, ich konnte Ihnen meine Meinung zu den von Ihnen beschriebenen Problematiken darstellen und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Ihre Marianne Burkert-Eulitz