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Maria Noichl
SPD
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Frage von Frank H. •

Sollen sich Abgeordnete die auch Landwirte sind bei Abstimmungen über Landwirtschaftsthemen enthalten?

Sehr geehrte Frau Noichl,
etwas verwundert habe ich gehört, dass Sie dazu aufgerufen hätten, aktive Landwirte im EU-Parlament sollten sich , bei Themen die die Finanzierung der Landwirtschaft betreffen, wegen Befangenheit enthalten.
Das widerspräche meinem Verständnis von Demokratie. Würde man das weiterdenken, sollten sich Frauen beim Thema Gleichstellung wegen Befangenheit enthalten?
Mit freundlichen Grüßen
Frank H.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr H.,

ich setze mich seit Jahren im Europäischen Parlament dafür ein, dass Interessenkonflikte ernst genommen werden. Aktive Landwirte erhalten für ihren Flächenbesitz von der EU Direktzahlungen. Im Europäischen Parlament haben wir Europaabgeordnete Einfluss auf den Anteil der Direktzahlungen am Gesamtbudget. Die Mitglieder des Agrarausschusses haben es damit in der Hand zu entscheiden, ob aktive LandwirtInnen in Zukunft in einem höherem Maße Subventionen erhalten oder nicht. Europaabgeordnete, die gleichzeitig aktive Landwirte sind, entscheiden über zukünftige Nebeneinkünfte. Für mich sind diese Mitglieder befangen.

Ähnlich sieht dies auch die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union:

VERORDNUNG (EU, Euratom) 2018/1046 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 18. Juli 2018

über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union

Artikel 61

Interessenkonflikt

(1) Finanzakteure im Sinne des Kapitels 4 dieses Titels und sonstige Personen, einschließlich nationaler Behörden auf allen Ebenen, die am Haushaltsvollzug durch direkte, indirekte oder geteilte Mittelverwaltung — einschließlich als Vorbereitung hierzu dienender Handlungen —, an der Rechnungsprüfung und Kontrolle mitwirken, müssen jede Handlung unterlassen, durch die eigene Interessen mit denen der Union in Konflikt geraten könnten. Ferner ergreifen sie geeignete Maßnahmen um zu verhindern, dass ein Interessenkonflikt bezüglich der in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Aufgaben entsteht, und um Situationen abzuhelfen, die objektiv als Interessenkonflikt wahrgenommen werden könnten.

(2) Besteht für einen Angehörigen des Personals einer nationalen Behörde die Gefahr eines Interessenkonflikts, so befasst die betreffende Person ihren Dienstvorgesetzten mit der Angelegenheit. Besteht ein solches Risiko für Bedienstete, auf die das Statut Anwendung findet, so befasst die betreffende Person den zuständigen bevollmächtigten Anweisungsbefugten mit der Angelegenheit. Der zuständige Dienstvorgesetzte oder der bevollmächtigte Anweisungsbefugte bestätigt schriftlich, ob ein Interessenkonflikt vorliegt. Wird festgestellt, dass ein Interessenkonflikt vorliegt, so stellt die Anstellungsbehörde oder die zuständige nationale Behörde sicher, dass die betreffende Person von allen Aufgaben in der Angelegenheit entbunden wird. Der zuständige bevollmächtigte Anweisungsbefugte oder die zuständige nationale Behörde stellt sicher, dass in Einklang mit dem anwendbaren Recht alle weiteren geeigneten Maßnahmen ergriffen werden.

(3) Für die Zwecke des Absatzes 1 besteht ein Interessenkonflikt, wenn ein Finanzakteur oder eine sonstige Person nach Absatz 1 aus Gründen der familiären oder privaten Verbundenheit, der politischen Übereinstimmung oder der nationalen Zugehörigkeit, des wirtschaftlichen Interesses oder aus anderen Gründen, die auf direkten oder indirekten persönlichen Interessen beruhen, seine bzw. ihre Aufgaben nicht unparteiisch und objektiv wahrnehmen kann.

 

Dies hat also nichts mit dem Kampf für Grund- und/oder Gleichstellungsrechte zu tun. Diese sind für die SozialdemokratInnen unverhandelbar. Sondern vielmehr damit, dass wir verhindern wollen, dass Menschen in politischen Ämtern sich mit ihren Entscheidungen nicht die eigenen Taschen füllen können. Dies ist übrigens auch der Fall in jeder noch so kleinen Kommune, in jedem Gemeinderat oder Stadtrat, gibt es das Thema Befangenheit und das daraus resultierende punktuelle Mitwirkungsverbot von Gemeinde- oder StadträtInnen. So ist es selbstverständlich, dass eine Stadträtin nicht für die Entwicklung eines Gewerbegebietes stimmen kann, wenn ihr selbst dort Grundstücke gehören. Es ist eine geschriebene und täglich gelebte Normalität, dass sich in Kommunalparlamenten Gemeinde- oder StadträdtInnen zu Beginn der Sitzung melden und deutlich machen, bei welchen Punkten der Tagesordnung sie aufgrund von Befangenheit nicht mitstimmen können. Der offene Umgang mit Befangenheit ist das Schlüsselwort.

Mit freundlichen Grüßen

Maria Noichl, MdEP

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