Sehr geehrte Frau Noichl, stimmt es, dass die Kennzeichnung von genmanipulierten Lebensmitteln abgeschafft werden soll und alle bayrischen EU-Abgeordneten - also auch Sie - zugestimmt haben?
Ich würde gerne ihre Argumentation dazu erfahren. Grüße
Sehr geehrter Herr K.,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage.
Ich habe der Abschaffung der Kennzeichnung von gemanipulierten Lebensmitteln nicht zugestimmt.
Es stimmt aber, dass eine unheilvolle Allianz aus Konservativen (um die Unions-Parteien), Liberalen, Erzkonservativen und Rechten im federführenden Umweltausschuss dafür gestimmt haben, dass ein Großteil der genmanipulierten und potentiell umweltschädlichen Pflanzen ohne Kennzeichnung und ohne Risikoprüfung auf den Markt kommen sollen. Das haben wir später in der finalen Plenarabstimmung aber verhindern können.
Für uns Sozialdemokrat:innen ist das Vorsorgeprinzip das Leitmotiv des politischen Handelns. Der notwendige Schutz aus den bisher geltenden Kennzeichungs- und Koexistenzregelungen, von Rückverfolgbarkeit, Risikoprüfungen und Transparenz muss in unseren Augen weiter erhalten bleiben. Alles Andere hätte verheerende Konsequenzen. Wir stehen zu einem gentechnikfreien Europa und zu unserem Nein zur Deregulierung. Aktuelle Studien machen deutlich, dass auch bei der Neuen Gentechnik unerwünschte Effekte auftreten können. Eine eingehende Prüfung und Kennzeichnungspflicht sind daher die Basis, um für die europäischen Bürger:innen Wahlfreiheit zu gewährleisten und das Vorsorgeprinzip zu wahren.
Die MdEPs der CSU haben größtenteils bei der finalen Abstimmung im Plenum nicht abgestimmt, wohl aufgrund der Sprengkraft des Themas. Herr Weber hat aber gegen die Zurückweisung des Kommissionsvorschlags gestimmt und damit den Weg für eine vereinfachte Zulassung der Neuen Gentechnik freigemacht. Frau Mortler hat die Parlamentsposition unterstützt, die eine Zulassung von Pflanzen aus Neuer Gentechnik ohne eine Risikoprüfung vorsieht. Die MdEPs der Freien Wähler haben ebenfalls gegen die Zurückweisung und für die Parlamentsposition ohne eine entsprechende Risikoprüfung und geeignete Regelungen zur Koexistenz zwischen gentechnikfreier und Landwirtschaft mit Gentechnik gestimmt, ebenso die MdEPs der AfD.
Die Grünen und die MdEPs der SPD haben für die Zurückweisung und gegen die finale Parlamentsposition gestimmt. Die konservativ-liberale Mehrheit im EU-Parlament gefährdet damit auch die Handlungsfreiheit der Landwirt:innen sowie die Zukunft der ökologischen Landwirtschaft, die bis 2030 stark wachsen soll. Mit der Position des EU-Parlaments ist die gentechnikfreie Produktion in der EU in Gefahr. Die Verhandlungsführer:innen des Europäischen Parlaments müssen nun noch mit den Vertreter:innen des Europäischen Rats eine gemeinsame Position finden. Wenn es keine grundlegenden Verbesserungen bei dem Verordnungsentwurf gibt, werden wir diesen Vorschlag definitiv ablehnen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Maria Noichl