Frage an Maria Noichl von Balint V. bezüglich Finanzen
Die Bedeutung deutscher Wirtschaftsakteure für Ungarn ist immens. Insgesamt zählt die Bundesbankstatistik über 730 deutsche Firmen, die für rund 200 Milliarden Euro Umsatz in Ungarn sorgen und 174.000 Beschäftigte haben.
Der ungarische Außenminister Péter Szijjártó sagte am 26. November 2018 bei einem Auftritt in Düsseldorf vor Journalisten, angesichts des herrschenden Fachkräftemangels hätten Unternehmen aus Deutschland die ungarische Regierung "seit Langem darum gebeten sicherzustellen, dass die Arbeitskräfte, die für ihre gesteigerten Investitionen nötig sind, auch zur Verfügung stehen".
Damit begründete der Minister die Notwendigkeit für ein umstrittenes Gesetz, das jährliche Überstunden im Umfang von 400 - statt bislang 250 - erlaubt. Arbeitgeber können sich mit der Vergütung dieser Mehrarbeit bis zu drei Jahre Zeit lassen.
Dieses Gesetz ist nur der neueste Punkt in einer langen Reihe von Maßnahmen der Orbán-Regierung, mit denen die Rechte von Arbeitnehmern eingeschränkt. Die Achtung und Schutz der EU-Werte und der Menschenrechte – darunter insbesondere auch der Rechte von Arbeitnehmern – ist in Deutschland eine Selbstverständlichkeit, die von allen politischen und wirtschaftlichen Akteuren anerkannt und respektiert wird.
Die deutsche Wirtschaft, die wie vielleicht keine andere Volkswirtschaft von der europäischen Integration profitiert, hat eine ganz besonders hohe Verantwortung dafür, in welche Richtung in Zukunft die Entwicklung in Ungarn und in der Europäischen Union gehen wird.
Macht sich deutsche Wirtschaft zum Komplizen des antidemokratischen, korrupten Autokraten Viktor Orbán wenn sie mit ihm glänzende Geschäfte schließt? Sollten Investoren nicht auch die Werte Europas vor Augen halten? Was werden Sie im Fall einer Wahl ins Europäische Parlament dafür tun, dass das Profitinteresse einzelner Wirtschaftsakteure nicht diejenigen stärkt, die um die Zerschlagung der europäischen Integration und damit auch des gemeinsamen Marktes bemüht sind?
Sehr geehrter Herr V.
Ich stehe auf Ihrer Seite und stelle noch einmal ganz klar, dass sich nicht nur die Wirtschaft in Europa, sondern auch alle Vertreterinnen und Vertreter der demokratischen Parteien klar gegen den antidemokratischen und korrupten Autokraten Viktor Orbán und seine nationalistischen Ansichten stellen. Europa ist nicht nur ein großer Markt. Europa muss an erster Stelle ein Ort der Menschenrechte sein. Als Berichterstatterin für den Bericht über die Lage der Frauen in Ungarn kamen sehr große Problemstellungen zu Tage die u.a. im Herbst 2018 dazu geführt haben, dass Viktor Orbán als erster Regierungschef eines Mitgliedstaates vom Parlament die "rote Karte" gezeigt bekommen hat.
In verschiedenen Ländern der EU passieren zur Zeit klare Angriffe gegen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. So wurde in Österreich der 8 Stundentag, eine große Errungenschaft der Gewerkschaften, zu einem flexiblen 12 Stundentag ausgeweitet. Und in Ungarn geschahen die von Ihnen angemerkten Einschränkungen beim Thema Überstunden. Wir dürfen keinen Tag mehr warten und auf Besserung hoffen. Regime, die die europäischen Verträge missachten und ArbeitnehmerInnenrechte einschränken, muss sofort und unmissverständlich die Stirn geboten werden. Mich stimmt es nachdenklich, dass 4 der 5 CSU-Europaabgeordenten, bei der Abmahnung gegen Orbáns Regierung nicht mit uns gestimmt haben. Seehofers und Söders "Orbán-Bussiverein" agiert hier gegen die demokratischen Idee Europas. Dass dies ein Freibrief für bestimmte Wirtschaftsvertreter ist, zeigt uns, wie gefährlich die rechten Brandstifter sind.
Mit freundlichen Grüßen
Maria Noichl
Mitglied des Europäischen Parlaments