Frage an Maria Klein-Schmeink von Egbert M. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Klein-Schmeink,
als Mitglied des Bundestages möchte ich Sie gerne einmal - auch in meiner Eigenschaft als Heilpraktiker -Fragen, wie Sie das geplante Gesetz zur Masern Impfpflicht im Konflikt mit unserem im Grundgesetz verankerten "Recht auf körperliche Unversehrtheit" und dem "Recht auf freie Selbstbestimmung" (auch von uns Eltern für unsere Kinder) sehen? Gleichzeitig möchte ich fragen, wie Sie / Die Grünen zu der im Gesetzentwurf geplanten Pflicht zur Denunzierung von Therapeuten/tinnen, Erziehern/innen, Betreuungspersonal etc. stehen. Laut Entwurf kann hier eine Strafe bis 2500 Euro verhängt werden, wenn diese Menschen Kenntnis darüber haben das ein Kind nicht Masern geimpft ist und die Eltern nicht bei den Behörden anzeigen! z.B. Erzieherinnen sollen die höchst persönlichen medizinischen Unterlagen (Impfpass) kontrollieren und ohne jede fachliche Qualifikation urteilen, wen sie den Gesundheitsämtern melden müssen! Ich selbst müsste als Therapeut Menschen anzeigen, die mein Vertrauen suchen! Welche Konsequenz hat das wohl auf die Glaubwürdigkeit von uns Therapeuten und der Ehrlichkeit uns gegenüber? Wie läßt sich dieses mit unserer Verfassung vereinbaren? Warum sollen unsere Kinder "zur Not" auch mit
den Vierfachimpfstoff MMRV geimpft werden, auch wenn sie bereits z.B. Röteln und Windpocken durchgemacht haben? Warum drängen Sie nicht auf die zur Verfügungstellung von Masern Einzelimpfstoff der ja zig tausendfach z.B. in Afrika von der WHO verimpft wird? Ergo wird er auch produziert aber in Deutschland nicht auf den Markt gebracht! Warum müssen die Impfstoffhersteller bis heute nicht für die Sicherheit der Impfstoffe garantieren? Sehr viele Fachleute u.a. auch Arztverbände, ja selbst der Ethikrat hält eine Impfpflicht für "nicht zu rechtfertigen". Wie stehen Sie dazu?
Für eine Antwort wäre ich dankbar!
mit freundlichen Grüßen
E. M.
Sehr geehrter Herr M.,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage. Uns erreichen unzählige Anfragen zu diesem Thema. Bitte haben Sie daher Verständnis, wenn wir nicht im Einzelnen auf Ihre Fragen eingehen können. Wir hoffen, Ihnen mit der Erläuterung zum Abstimmungsverhalten der grünen Bundestagsfraktion zu den abschließenden Beratungen des Masernschutzgesetzes im Bundestag zumindest einen kleinen Teil Ihrer Fragen beantworten zu können.
Das Masernschutzgesetz ist ein erster Schritt zu mehr Infektionsschutz. Infektionskrankheiten sind vermeidbar, wenn Impfstoffe vorhanden sind. Uns sind Selbstschutz und gelebte Solidarität mit den Schwächsten in unserer Gesellschaft wichtig. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung ist ein erster Schritt, um dem gerecht zu werden.
Das Hauptproblem aber, die großen Impflücken bei jungen Erwachsenen zwischen 20 und 50 Jahren, wird in dem Gesetz nicht berücksichtigt. Wir haben konkrete Maßnahmen gefordert, die diese Altersgruppe erreichen. Beispielsweise ein Einladungswesen und niedrigschwellige Impfangebote, die sich problemlos in den Alltag integrieren lassen.
Wir sprechen uns auch dafür aus, für Kinder und Beschäftigte einen ausreichenden Impfschutz zur Voraussetzung für den Besuch insbesondere der Kita zu machen. Uns hat das Argument insbesondere von Eltern überzeugt, dass dadurch Kinder, die nicht geimpft werden dürfen, weil sie noch zu jung sind oder aus medizinischen Gründen, am besten vor der Ansteckung insbesondere durch Masern geschützt werden können. Die heutige Situation läuft hingegen auf einen faktischen Kitaausschluss derjenigen Kinder hinaus, die nicht geimpft werden dürfen. Dies halten wir für nicht verantwortlich.
Die zu geringen Impfquoten betreffen im Übrigen nicht nur Masern, sondern auch andere durchaus gefährliche Infektionskrankheiten wie etwa Mumps oder Röteln. Wirksame Schritte für einen möglichst frühzeitigen Aufbau einer Immunabwehr gegen diese Erkrankungen sind daher sehr wichtig. Die Kombination der Impfungen gegen Masern, Mumps und Röteln in einem einzigen Impfstoff dient diesem Ziel und reduziert gleichzeitig die Zahl der nötigen Injektionen für die zu impfenden Kinder. Aus diesen praktischen Erwägungen heraus empfiehlt auch die Ständige Impfkommission bei der Masernimpfung den so genannten MMR-Impfstoff. Diese Kombinationsimpfstoffe sind nach Ansicht des RKI erprobt, Hinweise auf eine Überlastung der Immunabwehr gibt es nicht. Ein – inzwischen in Deutschland auch nicht mehr verfügbarer – Einzelimpfstoff gegen Masern ist daher nicht notwendig.
Die Einschätzung, dass eine Impfvoraussetzung für die Kita einer verfassungsrechtlichen Überprüfung nicht standhalten würde, teilen wir nicht. Auch der Deutsche Ethikrat, der sich in seiner Stellungnahme ansonsten durchaus kritisch zu einer Impfpflicht positioniert hat, hält die Regelung im Gegensatz zu einer „harten Impfpflicht“ für eine „verfassungsrechtlich möglicherweise zulässige Ausgestaltung.“
Eine allgemeine gesetzliche Impfpflicht lehnen wir hingegen ab und halten diese auch für kontraproduktiv, weil sie auch Menschen vor den Kopf stoßen kann, die gar keine prinzipiellen Einwände gegen Impfungen haben. Das könnte die Akzeptanz nicht nur bei Masern sondern auch bei anderen Impfungen schädigen. Wir sind der Auffassung, dass die Menschen durch Aufklärung und Informationen dazu bewegt werden können, ihren Impfschutz zu vervollständigen. Drohungen mit Sanktionen und Einschüchterung halten wir für den falschen Weg. Sie richten Schaden an und untergraben das notwendige Vertrauen der Menschen.
Trotz vieler guter Ideen und erster Schritte in die richtige Richtung, können wir leider nicht erkennen, dass die Bundesregierung eine wirkliche Strategie für ein systematisches Schließen dieser Impflücken vorsieht. Deswegen hat sich die Bundestagsfraktion der Grünen – bis auf zwei Kolleginnen – in der Abstimmung über das Masernschutzgesetz enthalten.
Wir werden uns auch in Zukunft für einen sinnvollen und effektiven Infektionsschutz einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Maria Klein-Schmeink