Maria Klein-Schmeink
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Frage von Martin B. •

Frage an Maria Klein-Schmeink von Martin B. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Klein-Schmenck,

in der Abstimmung zum ESM haben Sie mit "ja" gestimmt.

Es wurde in das Grundgesetzt eine sog. Schuldenbremse eingearbeitet. Diese besagt, das die Neuverschuldung max. 0,35 % des BIP nicht überschreiten darf.
http://de.wikipedia.org/wiki/Schuldenbremse_(Deutschland)

Die Wirtschaftsleistung in Deutschlad liegt bei rund 2600 Mrd EUR
https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressekonferenzen/2012/BIP2011/Pressebroschuere_BIP2011.pdf?__blob=publicationFile

Das bedeutet, die Neuverschuldung darf max. 9 Mrd EUR betragen.

Meine Frage ist, wie soll das gehen, wenn nun Gelder aus dem ESM abgerufen werden und damit gegen die Vorgaben des Grundgesetzes verstossen wird?

Kann es sein, das durch die Verpflichtungen des ESM Vertrages in Verbindung mit der Schuldenbremse eine Art Enteignung oder/und sozialer Kahlschlag bei den Menschen einher gehen wird?

Mit freundlichen Grüßen

Martin Brinkmann

Maria Klein-Schmeink
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Brinkmann,

herzlichen Dank für Ihre Frage.

Zunächst zur Schuldenbremse: Die strukturelle Neuverschuldung des Bundes darf erst ab 2016 nicht mehr als 0,35 % des Bruttoinlandsproduktes betragen. Bis dahin soll sie schrittweise zurückgeführt werden. Zudem gibt es zwei Ausnahmen: Not- und Katastrophenzeiten.

Zum ESM: Wie Sie sicher wissen, ist der ESM eine dauerhafte Einrichtung, während der bisherige Euro-Rettungsschirm (Europäische Finanzstabilisierungsfazilität, abgekürzt EFSF) als vorübergehendes Notfallinstrument zeitlich begrenzt ist. Derzeit gibt es eine Parallelführung von EFSF und ESM bis Mitte 2013, dann wird der ESM die EFSF voraussichtlich ablösen. Im Gegensatz zur EFSF soll der ESM einen Kapitalstock in Höhe von 80 Milliarden Euro erhalten. Im Unterschied zur EFSF zahlen die Euro-Länder in den ESM also tatsächlich Kapital in Form einer Bareinlage ein und geben nicht nur Garantien aus. Das erhöht die Glaubwürdigkeit des ESM und ermöglicht es, zu sehr guten Konditionen Kredite am Markt aufzunehmen, um sie an die Länder zu niedrigen Zinsen weiterzureichen.

Die Anteile der Mitgliedsstaaten am Kapital des ESM entsprechen grundsätzlich dem jeweiligen Anteil am Kapital der EZB. Der deutsche Anteil hierfür beträgt 21,7 Milliarden Euro. Die Einzahlung des Stammkapitals in den ESM erfolgt jedoch nicht auf einmal, sondern in fünf Raten. Die ersten beiden Raten (8,7 Milliarden Euro) zahlt Deutschland bereits in diesem Jahr ein.

Wir Grüne haben uns bei den Verhandlungen für eine umfassende Beteiligung des Parlaments beim ESM eingesetzt. Grundsätzlich darf keine wesentliche Entscheidung ohne die vorherige Zustimmung oder Beteiligung des Deutschen Bundestages getroffen werden. Das Plenum muss bei folgenden Entscheidungen zustimmen: Veränderung des Stammkapitals, Veränderung des maximalen Darlehensvolumens und Änderung der Finanzhilfeinstrumente. Bevor ein Land unter den Rettungsschirm kommt, muss das Plenum sogar zweimal zustimmen. Dabei ist die erste Abstimmung erforderlich, um einem Mitglied grundsätzlich Hilfe zu gewähren. Die zweite Abstimmung ist erforderlich, um dem Land tatsächlich Hilfen zu zahlen. Das Bundesverfassungsgerichts hat ebenfalls darauf Wert gelegt, dass die Risiken begrenzt und politisch bestimmt sein müssen. Deswegen müssen wir endlich einen Altschuldentilgungsfonds bekommen, mit dem wir Schulden tilgen und nur begrenzt Schulden vergemeinschaften. Nur die in harte Regeln gebettete gemeinsame Haftung für Schulden in einem Altschuldentilgungsfonds kann die Angriffsflächen des Euro gegen Spekulation der Finanzmärkte schließen.

Mit freundlichen Grüßen,
Maria Klein-Schmeink

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