Frage an Maria Klein-Schmeink von Maria P. bezüglich Gesundheit
Die Erhöhung der Arzthonorare im Gesundheitssystem ist unverhältnismäßig zu dem Verdienst der medizinischen Hilfsberufe; ich meine vor allem die der Physiotherapeuten und Hebammen. Wie kann die Politik da Hilfestellung leisten ohne in die Tarifautonomie einzugreifen?
Sehr geehrte Frau Pauly,
Gewinnstreben darf in der Krankenversorgung nicht die Oberhand gewinnen über professionelle Qualitätsstandards. Deutschland nimmt zwar bei den Gesundheitsausgaben einen Spitzenplatz ein, ist aber bei der Versorgung längst nicht immer Spitze. Es kommt darauf an, dass das Geld der Versicherten an der richtigen Stelle ausgegeben wird und dass Kosten und Leistungen im richtigen Verhältnis stehen. So erhalten wir den Spielraum, die bestmögliche Versorgung für alle zu finanzieren. Dazu gehört die Orientierung an den Bedürfnissen verschiedener Patientengruppen ebenso wie eine effiziente Arzneimittelversorgung und nicht zuletzt gute Arbeitsbedingungen in den Gesundheitsberufen.
Die Verlierer der Gesundheitsreform stehen fest: das sind die gesetzlichen Versicherten, dabei besonders die mit geringen Einkommen und die Beschäftigten in den Krankenhäusern. Die Beitragszahler werden ab dem 1.1. 2011 gleich doppelt abkassiert: einmal über den erhöhten Krankenkassenbeitrag und einmal über den Zusatzbeitrag. In Zukunft wird jede Kostensteigerung im Gesundheitssystem allein durch die Versicherten über den Zusatzbeitrag bezahlt werden müssen. Auch bei den Beschäftigten in den Krankenhäusern werden weitere Belastungen abgeladen. Durch die Deckelung der Preissteigerung im Krankenhausbereich für 2011 und 2012 wird sich der Rationalisierungsdruck und die Arbeitsverdichtung für die Beschäftigten noch einmal verschärfen.
Unverständlich ist für uns, dass die Honorarsteigerungen bei den Ärzten nicht mit einer Bindung an Qualität einhergingen. Denn Qualität sollte doch der Maßstab einer guten Versorgung sein.
Ebenso unverständlich ist, dass der Gesundheitsminister Rösler die Hebammen so lange im Regen stehen ließ. Fast ein Jahr lang sagte der Minister den Hebammen und Entbindungsgehelfern, es gäbe keine Probleme bei der Vergütung. Ende November hat Minister Rösler endlich die von Grünen, Gesundheitsexperten und Hebammenverbänden schon lange geforderte Datenerhebung zur wirtschaftlichen Situation von Hebammen bis zum Sommer 2011 in Aussicht gestellt. Das Gutachten kann die Position der Hebammen in den Tarifverhandlungen stützen. Doch wer solange für einen ersten Schritt auf die Hebammen zu braucht, hat die Zielgerade noch lange nicht im Blick. Allzu verständlich sind deshalb die Proteste der Hebammen in Berlin, Baden-Württemberg und Thüringen.
Wir können Öffentlichkeit herstellen und so den Handlungsdruck auf die Koalition erhöhen. In der vergangenen Woche haben wir im Bundestag ein Fachgespräch der grünen Fraktion zur Situation der Hebammen veranstaltet. Dabei konnten wir die Probleme diskutieren und Beispiele aus anderen Ländern etwa beim Thema Haftpflicht aufzeigen. Denn in anderen Ländern gibt es für Haftpflichtfälle Fonds mit Beteiligung von Krankenkassen bzw. staatlichen Zuschüssen. Bei uns verdrängen die gestiegenen Haftpflichtprämien von jährlich bis zu 2700 Euro bereits etliche Hebammen aus der direkten Geburtshilfe.
Wir haben uns außerdem an den GKV-Spitzenverband bezüglich der Vergütung von Präventionsleistungen für Hebammen gewandt. Im Leitfaden Prävention des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen werden im Bereich der Suchtmittelprävention Schwangere als besondere Zielgruppe benannt, Hebammen aber nicht als Anbieter aufgeführt. Wir haben nachgefragt, warum sie hier nicht berücksichtigt werden. Denn selbstverständlich können sie die Schwangeren als Zielgruppe besonders gut erreichen. Ihre Leistungen in diesem Bereich sollten deshalb von den Kassen anerkannt und vergütet werden.
Mit freundlichen Grüßen,
Maria Klein-Schmeink