Frage an Maria-Elisabeth Fritzen von Lothar I. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Fritzen,
vielen Dank für Ihre Antwort. Gestatten Sie bitte Anschlussfragen. Ihre Ausführungen beziehen sich je leider ausschliesslich auf unterstellte positive gesellschaftliche Wirkungen der Glaubensgemeinschaften.
Sind Ihnen die Bestimmungen der Weimarer Verfassung bezüglich der Ablösung der Konkordate bekannt? Ist Ihnen nicht bekannt, dass das Grundgesetz somit eine Ablösung dieaer Verträge fordert?
Sollte das Land Schleswig-Holstein nicht Staatsverträge mit den Vertretern der nichttheistischen Weltanschauungsverbände vorrangig vorantreiben, die immerhin ein 1/3 der Bevölkerung ausmachen, bevor man sich mit einer kleinen religiösen Gruppe von 2,6% (geschätzt, da diese Glaubenszugehörigkeit ja (imhk) nicht abgefragt wird) beschäftigt. Teilen Sie nicht die Ansicht, dass hier sich eine dramatische Ungleichbehandlung und Bevorzugung der Religiösen gegenüber den Nichtreligiösen Menschen abzeichnet?
Verdienen also Menschen mit nichtreligiösen Weltanschauungen nicht die gleiche Teilhabe?
Wie können Sie vor dem Hintergrund der Ungerechtigkeit und Menschenrechtsfeindlichkeit des "Dritten Weges" das Vorenthalten der Arbeitnehmerrechte der sog. Tendenzbetriebe religiöser Träger hinnehmen und somit passiv gutheissen?
Ich unterstelle, dass Sie das tun, da Sie in Ihrer Antwort in keiner Weise darauf eingehen.
Wie können Sie rechtfertigen, dass mit den neuen Staatsverträgen weitere solche Ungerechtigkeiten entstehen werden?
Wie rechtfertigen Sie die der christlichen und der islamischen Religion innewohnende Frauenfeindlichkeit politisch zu unterstützen?
Lassen Sie mich zum Ende eines klarstellen: Es geht mir nicht darum, Religiongemeinschaften gesellschaftlich auszugrenzen. Es geht mir darum dass ihnen in unrechfertigbarer Weise Sonderrechte eingeräumt werden, die weder juristisch, noch ethisch zu rechtfertigen sind.
Es geht NICHT um Gesellschaftliche, aber dringend nötige politische Grenzziehungen - ähnlich dem Lobbyistentum.
Sehr geehrter Herr Irrgang,
die Weimarer Reichsverfassung verlangt, dass die sogenannten Staatsleistungen an die christlichen Kirchen vom Bundestag und den Ländern abgelöst werden. Damit ist nicht gemeint, dass die Staatskirchenverträge und Konkordate zu kündigen seien, sondern nur, dass die Zahlungen einvernehmlich zu beenden sind. Entsprechende Passagen in den Staatskirchenverträgen und Konkordaten würden also entfallen, ohne dass die Verträge als solche zur Disposition stehen.
Die muslimischen Gemeinschaften sind auch in Schleswig-Holstein die zweitgrößte Religion und Weltanschauung nach den christlichen Kirchen. Denn die von Ihnen „nichttheistische Weltanschauungsverbände“ genannten Organisationen vertreten nach unabhängigen Schätzungen bundesweit ca. 0,05 % der Bevölkerung. Insofern kann von einer Ungleichbehandlung gegenüber christlichen, jüdischen und muslimischen Gemeinschaften keine Rede sein.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in kirchlichen Einrichtungen unterliegen den Besonderheiten des kirchlichen Arbeitsrechts. Damit stehen ihnen wesentliche ArbeitnehmerInnenrechte nicht zu. Diese Praxis stößt auch innerhalb der Kirchen immer mehr auf Kritik. Denn Loyalitätsanforderungen der ArbeitgeberInnen auch außerhalb von Verkündigungsbereichen, die sich auf die private Lebensführung seiner MitarbeiterInnen beziehen, passen nicht in eine demokratische Gesellschaft.
Wir werden mit den Kirchen, den Gewerkschaften und anderen gesellschaftlich Beteiligten in einen Dialog treten, damit sich die Situation der Beschäftigten verbessert. Wir wollen, dass die kirchlichen MitarbeiterInnen außerhalb der Verkündigungsbereiche die gleichen Rechte bekommen wie andere ArbeitnehmerInnen auch. Daher wollen wir für sämtliche Beschäftigungsverhältnisse jenseits des Bereichs der Verkündigung das kirchliche Arbeitsrecht abschaffen. Dazu gehören das Recht zur Bildung von Betriebsräten und das Grundrecht auf Koalitionsfreiheit einschließlich der Streikfreiheit. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) werden wir mit dem Ziel ändern, dass seine Bestimmungen wie in anderen Tendenzbetrieben auch auf Beschäftigungsverhältnisse in kirchlichen Einrichtungen Anwendung finden.
Die Religionsfreiheit ist eines der wichtigsten Freiheitsrechte. Für Gläubige ist es elementar, dass sie ihren Glauben unbeschadet bekennen und ausüben dürfen. Die Gewährleistung dieses Freiheitsrechts steht für uns als Bürgerrechtspartei nicht zur Disposition. Gleichzeitig findet die Religions- und Glaubensfreiheit ihre Schranken dort, wo im Namen der Religion Menschenrechtsverletzungen (Körperstrafen, Diskriminierung von Frauen und sexuellen Minderheiten) und terroristische Gräueltaten begangen, Kriege und gewaltsame Übergriffe gerechtfertigt werden, wo die Religions- und Weltanschauungsfreiheit anderer betroffen ist.
Ich hoffe, damit alle Unklarheiten beseitigt zu haben!
Mit freundlichen Grüßen
Marlies Fritzen