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Frage von Woody M. •

Frage an Margrit Spielmann von Woody M. bezüglich Gesundheit

Guten Tag,
Sie sagten, Guido Friedewalds Frage zur Genüge beantwortet zu haben. Dies ist aus meiner Sicht nicht der Fall. Insbesondere die Vergleiche zwischen Alkohol- und Cannabisprävention sind doch relativ neu und widerlegen den Ansatz, dass das generelle Verbot eine halbwegs sinnvolle Drogenpolitik darstellt.
Abgesehen von der Beantwortung seiner Fragen hätte ich von Ihnen auch gerne eine Stellungnahme bezüglich der Tatsache, dass auch bei Ihnen einige Erwähnte Argumente für den Verbot sich auf Probleme beziehen, die gemäß der Argumentation der Grünen (und auch wissenschaftlich hinterlegt) nicht auf den Konsum, sondern auf die Illegalität selbst zurückzuführen ist (Einstiegsdroge, gestiegener THC-Anteil, Gesundheitsschädigungen auch durch Verunreinigungen usw.). Bitte entziehen Sie sich nicht einer unvoreingenommenen, sich von Klientelpolitik lösenden Diskussion, indem Sie auf neue Argumente nicht eingehen bzw. auf alte Argumente nicht eingegangen sind.
Sollte es einer glaubwürdigen Drogenpolitik nicht um den Versuch gehen, Gefahren zu reduzieren anstatt "einfach nur" die eine Droge zu verbieten und zu ignorieren, dass die meisten Probleme mit dieser Droge aus der Illegalität selbst entstehen?
Grüße,
Woody Mues

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Mues,

vielen Dank für Ihre Email.

Zu dem Vergleich von Cannabis und Alkohol möchte ich folgendes sagen. Alkohol ist kein Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG), sondern ein Lebens- und Genussmittel, welches sich grundsätzlich von den Betäubungsmitteln unterscheidet, die in den Anlagen des BtMG aufgeführt sind. Der deutsche Gesetzgeber hat bewusst darauf verzichtet, die "Droge" Alkohol dem BtMG zu unterstellen. Aber auch international ist kein Betäubungsmittelgesetz anderer Staaten bekannt, das Alkohol zur illegalen Droge erklärt hat. Schließlich betrachten auch die internationalen Suchtstoffkonventionen den Alkohol im Gegensatz zu Cannabis nicht als Betäubungsmittel.

Alkoholhaltige Substanzen dienen seit Jahrhunderten als Lebens- und Genussmittel. In Form von Wein werden sie auch im religiösen Kult verwandt. Im Regelfall dominiert eine Verwendung des Alkohols, die nicht zu Rauschzuständen führt, auch wenn seine berauschende Wirkung allgemein bekannt ist.

Demgegenüber steht beim Cannabis-Konsum, typischerweise die Erzielung einer berauschenden Wirkung im Vordergrund.

Natürlich ist es die Aufgabe des Staates, den Missbrauch von Alkohol zu bekämpfen. Ziel muss es sein, einen bewussten Umgang mit Alkohol zu fördern. So führt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung im Auftrag der Bundesregierung seit Jahren eine umfassende Alkoholprävention unter dem Motto "Alkohol: Verantwortung setzt die Grenze" mit dem Ziel durch, ein kritisches Bewusstsein in der Gesellschaft für einen verantwortungsvollen Umgang zu erreichen. Dafür wurden und werden im Rahmen dieser Kampagne Zielgruppen spezifisch vielfältige Maßnahmen und Medien entwickelt und bundesweit zum Einsatz gebracht.

Diese umfassenden Maßnahmen zu Alkoholprävention lassen sich auch im Bereich der Cannabis Prävention (Quit the Shit, FreD, INCANT, Realize it, CANDIS, Can Stop) finden. Wie ich schon Herrn Friedewald schrieb lassen sich hier nachweisliche Erfolge verbuchen. Die Vielzahl an erfolgreichen Präventionsmaßnahmen in diesem Bereich sind für mich ein deutlicher Beweis für eine glaubwürdige Drogenpolitik. Das Verbot von Cannabis stellt eine zusätzliche Maßnahme dar, durch das eine Hemmschwelle aufgebaut wird, welches viele vom Konsum abhält. Die meisten Probleme mit dieser Droge entstehen meiner Meinung nach nicht durch die Illegalität, sondern durch ihre nachweislich schädigende Wirkung. Einen Überblick über die aktuelle Forschungslage zu den Auswirkungen des Cannabiskonsums, wurde von von Prof. Thomasius und Dr. Petersen erstellt. Prof. Thomasius und Dr. Petersen haben die relevanten Studien zu den Auswirkungen des Cannabiskonsums von 1996 bis 2006 untersucht und zusammengefasst. Damit liegt eine aktualisierte Fassung der so genannten Kleiber/Kovar-Studie aus dem Jahr 1996 vor. Der Bericht im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit und soziale Sicherung aus dem Jahr 2004 gibt den Forschungsstand zu Risiken und Folgeschäden des Cannabiskonsums wieder. (psychische Störungen und Probleme, akute und langfristige Folgen, somatische Folgen). Eine Legalisierung bedeutet für mich die Ignoranz dieser Gefahren.So lange keine Studie existiert die nachweislich eine Unbedenklichkeit von Cannabis belegt, ist eine Legalisierung ausgeschlossen. Darüber sind sich auch die internationalen Sucht- stoffübereinkommen einig.

Das Verbot von Cannabis hat es bisher nicht geschafft, den Konsum auf Null zu setzen. Eine Legalisierung würde dies aber erst recht nicht. Wie bereits gesagt, stellt für viele das Verbot eine Hemmschwelle dar. Ergänzend möchte ich anfügen, dass die 30-Tage-Prävalenz des Cannabiskonsums in der Altersgruppe 18-64 Jahre in Deutschland nach Ergebnissen des aktuellen Epidemiologischen Suchtsurveys (der 2006 durchgeführt wurde) 2,2% beträgt. Der über die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) verfügbare Vergleichswert aus den Niederlanden (der aus einer Studie aus dem Jahr 2005 stammt) beträgt für die 15-64-Jährigen 3,3%. Zudem setzt eine Legalisierung ein falsches Signal. Durch die Freigabe einer gefährlichen Droge, würde bei vielen eine Unbedenklichkeit assoziiert. Und diese ist nun einmal nicht gegeben.Deshalb seien Sie versichert, dass die Politik dieses Problem nicht ignoriert. Ziel muss ein weiterer Ausbau der Präventionsmaßnahmen sein, auch im Bereich des Alkohol-und Tabakkonsums. Leider wird in der Diskussion um eine Legalisierung zu oft vergessen, dass die Drogenpolitik der Bundesregierung hinsichtlich jedes der einzelnen Suchtstoffe durch einen Policy-Mix aus Prävention, Therapie, Überlebenshilfe und Angebotsreduzierung geprägt ist. Es geht darum, den Konsum von Cannabis insgesamt zu reduzieren. Dazu gehören Informationen über die Gesundheitsrisiken, die Prävention, die Behandlung von Abhängigen, die Schadensreduzierung, aber auch die Angebotsreduzierung. Die Unterstellung von Cannabis unter das Betäubungsmittelgesetz dient dazu, den Konsum zu reduzieren, um die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen.

Bezüglich des THC-Anteils möchte ich folgendes bemerken. Es gibt Untersuchungen die belegen, dass Cannabis mit unterschiedlichen THC-Gehalten sichergestellt wird. Da aber der Cannabiskonsum an sich keinesfalls harmlos ist, halte ich eine Diskussion, wie gefährlich welche Form von Cannabis (oder anderer Drogen) ist, für möglicherweise irreführend bzw. potenziell verharmlosend.

Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen

Dr. Margrit Spielmann