Frage an Marcus Weinberg von Norbert R. bezüglich Gesundheit
Herr Abgeordneter! Sie haben dem Infektionsschutzgesetz und deren Verschärfung zugestimmt. Begründet wird das Gesetz mit der Situation auf den Intensivstationen im Zuge der Corona-Pandemie. Seitdem können Grundrechte mittels Verordnung seitens des Gesundheitsministers ohne Mitbestimmung des Parlaments zeitweilig eliminiert werden.
Nachdem die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) warnte, man verzeichne bei der intensivmedizinischen Versorgung von COVID-19-Patienten eine „besorgnisserregende Lage“, wurden die Grundrechte weiter mit der nächtlichen Ausgangssperre eingeschränkt.
Einer Pressemitteilung des BMG vom 30.04.2021 kann entnommen werden, daß im Pandemiejahr 2020 die Krankenhausfälle im Frühjahr um ca. 30 Prozent (!!!) und auf Jahressicht im Bereich der allgemeinen Krankenhäuser um 13 Prozent und im Bereich der psychiatrischen Kliniken um 11 Prozent im Vgl. zum Vorjahr gefallen sind. Gleichzeitig sind die ausschließlich stationären Erlöse der allgemeinen Krankenhäuser durchschnittlich um 3,7 Prozent und die der psychiatrischen und psychosomatischen Kliniken durchschnittlich um 10,6 Prozent gestiegen, wobei die geleisteten Ausgleichszahlungen des Bundes iHv 10,2 Mrd. EUR hierfür maßgebend gewesen seien.
Fazit: Obwohl die Pandemie zu keinem Zeitpunkt die stationäre Versorgung an ihre Grenzen gebracht hat, hat die Politik massive Grundrechtseinschränkungen gebilligt.
Meine Fragen dazu:
Wie kann es sein, daß die Regierung und Parlament den tatsächlichen Stand auf den Intensivstationen bei ihrer Gesetzgebung nicht kennt? Wie wurde geprüft, ob die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie verhältnismäßig sind? Wie haben Sie Ihre Aufgabe als Kontrolleur der Regierung wahrgenommen? Wer haftet für die Kosten, die den Grenznutzen der politischen Maßnahmen übersteigt? Wurden durch die vom Bund bereitgestellten Mittel iHv 10,2 Mrd EUR für die Krankenhäuser falsche Anreize geschaffen?
Sehr geehrter Herr Rother,
vielen Dank für Ihre Nachfrage zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und die Rolle der Intensivbettenbelegung. Vorweg kann ich Ihnen Ihre Sorge nehmen, dass die Intensivbetten vorsorglich von den Krankenhäusern abgebaut wurden, um eine Knappheit zu erzeigen. Dies ist nicht der Fall. Es ist richtig, dass die Intensivbetten in Deutschland im Schnitt um etwa 11% im vergangenen Jahr abgebaut wurden. Hier spielt vor allem der Personal- und Ressourcenmangel in den Krankenhäusern eine entscheidende Rolle. Gleichzeitig wurde die statistische Erfassung der Zahl der Intensivbetten geändert und eine weitere Kategorie der "Notfallreserve" hinzugefügt. Zählen wir die sogenannte Notfallreserve, die in der Corona-Pandemie aufgebaut wurde, in die Statistik, so ist die Zahl der Intensivbetten im vergangenen Jahr gestiegen. Diese Notfallreserve wird derzeit inaktiv gehalten und sind derzeit nicht Gegenstand der täglichen Bettenplanung.
Des weiteren spielen Sie auch auf die Ausgleichszahlungen an, die die Krankenhäuser seit dem 18. November 2020 erhalten. Diese werden an die Krankenhäuser ausgezahlt, da sie auf Grund der Corona-Pandemie die Betten nicht so belegen können, wie es ursprünglich geplant war. Damit erhalten die Krankenhäuser Ausgleichszahlungen für Einnahmen, die Ihnen entgangen sind, weil sie Operationen aufgrund der Corona-Pandemie verschieben mussten. Diese Ausgleichszahlungen sind unter anderem abhängig vom jeweiligen Infektionsgeschehen des Landkreises und deckeln dabei nicht die ausbleibenden Erlöse der Krankenhäuser. Sie sind damit nur ein -teilweiser- Ersatz für entgangenen Einnahmen.
Ich kann Ihnen versichern, dass die Bundesregierung, die Landesregierungen, der Bundesrat und die Mitglieder des Deutschen Bundestages ihre Entscheidungen in der Corona-Krise immer mit den notwendigen Informationen von Expertinnen und Experten getroffen haben. Alle Regelungen und Maßnahmen dienen der Erfüllung des Grundgesetzes, nämlich konkret der Erfüllung des staatlichen Schutzauftrags aus § 2 Abs.2 S.1 des Grundgesetzes: “Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“ Alle getroffenen Maßnahmen bauen auf diesem zentralen Rechtsgut auf. Sie sind überdies nur in einer extremen Notlage anwendbar, in der zu befürchten ist, dass dieses Gut bei Unterlassung von tiefgreifenden Maßnahmen für viele Menschen nicht mehr gewährleistet werden kann. Dies ist in der aktuellen Corona-Pandemie der Fall.
Die Rechte des Parlamentes sind im Infektionsschutzgesetz ausdrücklich geklärt und zusätzlich wurde eine fortlaufende Berichtspflicht der Bundesregierung an den Bundestag eingeführt, solange eine epidemische Lage von nationaler Tragweite besteht. Als Unionsfraktion haben wir die Notwendigkeit der Maßnahmen immer geprüft und begleiten und viele Gesetzesvorhaben und Änderungen in den Bundestag eingebracht, um betroffene Unternehmen, Institutionen und den Menschen und Familien in unserem Land die notwendige Hilfe zukommen zu lassen.
Mit freundlichen Grüßen
Marcus Weinberg