Frage an Marcus Weinberg von Bernd H. bezüglich Lobbyismus & Transparenz
Sehr geehrter Herr Weinberg,
ich danke Ihnen für das umfangreiche Schreiben, mit welchem Sie auf meine Frage vom 21.10.2020 regiert haben.
Da Sie meine Frage nicht direkt beantwortet haben, versuche ich die offizielle Parteilinie der CDU/CSU-Fraktion aus Ihrem Gesamttext zu interpretieren; bitte informieren Sie mich möglichst zeitnah, wenn ich die falschen Schlüsse gezogen haben sollte.
Ihr Text vermittelt den Eindruck, dass die CDU/CSU-Fraktion mehrheitlich die Einführung des sogenannten “Nordischen Modells“ in Deutschland kategorisch ablehnt, und fest entschlossen ist, das „Deutsche Modell“ grundsätzlich beizubehalten.
Für mich stellt sich nunmehr die Frage nach den Ursachen für die Ablehnung des „Nordischen Modells“ durch die Mehrheit der CDU/CSU-Fraktion.
In diesem Zusammenhang bitte ich Sie um Beantwortung folgender Detailfragen :
- Auf welche nachprüfbaren, wissenschaftlichen Erkenntnisse beruft sich die Mehrheit der CDU/CSU-Fraktion, die das „Nordische Modell“ ablehnt?
- Haben Sie in Ihrer Funktion als familienpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, zwecks Erfahrungsaustausch, bereits Gespräche mit Amtskollegen aus solchen Ländern geführt, die das „Nordische Modell“ eingeführt haben ?
- Haben Sie In Ihrer Funktion als Hamburger Kommunalpolitiker Gespräche mit Prostituierten oder Betreibern von Prostitutionsstätten geführt, um sich eine eigenes Bild von den Verhältnissen in der Deutschen Prostitutionsbranche machen zu können ?
Mit Freundlichen Grüßen
Bernd Hohl
Sehr geehrter Herr Hohl,
wie bereits ausführlich Ihnen gegenüber dargelegt, analysieren wir derzeit innerhalb der CDU/CSU-Fraktion sehr umfassend das 2016 eingeführte Prostituiertenschutzgesetz und arbeiten an weiteren Verbesserungen. Dazu diskutieren wir aktuell auch innerhalb der Fraktion unsere Position zum Thema Prostitution. Die Aussage, dass die Mehrheit der Unionsfraktion das Nordische Modell ablehnt, habe ich so nicht getroffen und ist Resultat ihrer Interpretation. Ich persönlich spreche mich allerdings gegen das sogenannte „Nordische Modell“ aus, da es nicht zu einer Verbesserung der Situation der betroffenen Frauen und Männern führt.
Zur derzeitigen Entscheidungsfindung haben wir eine große Anzahl an wissenschaftlichen Studien ausgewertet. Eine dieser Studien, die Sie sicher kennen, ist eine von der schwedischen Regierung in Auftrag gegebene Evaluationsstudie zum eingeführten Sexkaufverbot. Selbst in dieser Studie wird davon ausgegangen, dass die Prostitution in Schweden nur um rund 50 Prozent reduziert werden konnte. Die sichtbare Prostitution kann so zwar verringert werden, sie findet jedoch im illegalen, nicht kontrollierbaren Bereich weiter statt.
Zur Evaluierung unseres Prostitutionsschutzgesetzes habe ich mich bereits vor Ort mit Prostituiertenberatungsstellen und ehemaligen Prostituierten ausgetauscht. Dies ist selbstverständlich Teil eines umfassenden Analyseprozesses.
In dieser Woche konnten wir darüber hinaus weitere Verbesserungen für den Schutz der Prostituierten erreichen. Dazu verschärfen wir die Freierstrafbarkeit. Freier werden künftig bei Zwangsprostitution stärker in die Verantwortung gezogen.
Außerdem werden wir die Ausstiegsprogramme unter anderem für Schwangere mit weiteren 20 Mio. Euro aufstocken.
Ich hoffe ich konnte Ihre offenen Fragen nun abschließend beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
Marcus Weinberg