Frage an Marcus Weinberg von Klaas E. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Weinberg,
wie stehen Sie zum Sachverhalt des Zusatzparagraphen, der regelt, dass Täter die CumEx-Beute behalten dürfen? Der Sachverhalt ist u.a. hier beschrieben https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/cum-ex-steuern-1.4969137.
Gerade die Hamburger CDU sollte doch nach den Vorgängen der Vergangenheit in Hamburg um die Brisanz des Themas wissen (Sachverhalt u.a. hier beschrieben: https://www.finanzwende.de/blog/hamburger-cumex-filz-in-drei-akten/?L=0) und den Schaden für den Fiskus möglichst gering halten.
Insofern: haben Sie Kenntnis gehabt von diesem Zusatzparagraphen, wie stehen Sie dazu und gedenken Sie, weitere Schritte zu unternehmen?
Sehr geehrter Herr E.,
vielen Dank für Ihre Nachricht zum Thema Cum-Ex.
Die Bundesregierung hat bereits im Jahr 2012 konkrete Maßnahmen ergriffen, um Cum-Ex-Geschäfte in Deutschland zu unterbinden. Im Rahmen des Untersuchungsausschusses in der letzten Legislaturperiode fand zudem eine lückenlose Aufarbeitung des „Cum-Ex-Skandal“ statt. Der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses vom 20. Juni 2017 (BT-Drs. 18/12700) kam zu dem Ergebnis, dass „Cum-Ex-Geschäfte mit Leerverkäufen rechtswidrig sind. Das deutsche Steuerrecht bot demnach in den Jahren 1999 bis 2012 zu keinem Zeitpunkt die Möglichkeit, eine einmal einbehaltene Kapitalertragsteuer in rechtmäßiger Weise mehrfach anrechnen beziehungsweise erstatteten zu lassen. Eine Gesetzeslücke hat insoweit nicht bestanden. Cum/Ex-Geschäfte waren und sind damit rechtswidrig. Das hat auch das Finanzgericht Kassel am 10. März 2017 durch sein Urteil (4 K 977/14) bestätigt.
Die Steuer- und Justizbehörden ermitteln bei Cum-Ex-Geschäften sehr umfassend. Es bestehen gute Aussichten, dass die Steuer- und Justizbehörden unberechtigte Steuererstattungen mit Zins und Zinseszins zurückerhalten sowie strafrechtliche Verurteilungen erwirken. Die zuständigen Behörden in Bund und Ländern leisten dabei sehr gute Arbeit. Sie konnten in zahlreichen Fällen verhindern, dass zu Unrecht beantragte Anrechnungen oder Erstattungen der Kapitalertragssteuer auch tatsächlich angerechnet oder ausgezahlt wurden. Außerdem ist es ihnen gelungen, den Großteil der irrtümlich bereits angerechneten oder erstatteten Kapitalertragsteuern erfolgreich zurückzufordern. Die tatsächliche Schadenshöhe durch Cum-Ex-Geschäfte dürfte deshalb nur einen Bruchteil der öffentlich immer wieder genannten 12 Milliarden Euro ausmachen.
Mir ist es wichtig, dass die Fälle umfassend und lückenlos aufgeklärt werden. Der Paragraf 375a der Abgabeordnung, den Sie ansprechen, ist vom Bundesfinanzministerium eingeführt wurden, um die Verjährungsfrist für Fälle von Steuerhinterziehung auszusetzen. In § 375a AO wird dazu geregelt, dass in Fällen der Steuerhinterziehung trotz Erlöschens des Steueranspruchs nach § 47 AO eine Einziehung rechtswidrig erlangter Taterträge nach § 73 des Strafgesetzesbuches angeordnet werden kann. Dieses Gesetz kann jedoch nicht für bereits verjährte Fälle gelten, da in diesem Fall das Rückwirkungsverbot greift. Das Rückwirkungsverbot ist eine wichtige Säule unseres Rechtsstaates. Art. 103 II GG statuiert dazu ein Verbot rückwirkender Strafe. Demnach muss die Strafbarkeit einer Handlung zum Zeitpunkt der Ausführung bereits feststehen. Diese darf rückwirkend weder festgesetzt noch erhöht werden, außer es handelt sich um einen nicht abgeschlossenen Sachverhalt.
Mit freundlichen Grüßen
Marcus Weinberg