Frage an Marcus Weinberg von Katja R. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Weinberg,
sie wurden mit den Satz: "Es sei trügerisch, die Entwicklungschancen von Kindern vom sozialen Status ihrer Eltern abzukoppeln." im Spiegel http://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/armut-in-der-schule-so-liesse-sich-kinderarmut-bekaempfen-a-1213791.html zitiert.
Ich habe dann Ihre Rede zur Kindergrundsicherung nachgelesen und werde aus Ihrer Äusserung immer noch nicht schlau. Warum werfen Sie sozialen und finanziellen Status in einen Topf? Was ist daran trügerisch? Wollen Sie die Kopplung der Kindesentwicklung an die Elternentwicklung beibehalten?
Alle seriöse Bildungsforschung geht nicht von einer Vererbung der Intelligenz aus, gehen Sie davon aus?
Des weiteren stellt sich mir die Frage, wie das: "Ein weiterer Punkt – hier stimmen wir Ihnen zu – ist die Kernforderung, die Wirtschaft zu stärken; denn das ist die Voraussetzung für die Stärkung von Kindern."
https://www.cducsu.de/themen/familie-frauen-arbeit-gesundheit-und-soziales/marcus-weinberg-kernaufgabe-muss-es-sein-familien-mit-kindern-zu-staerken gemeint ist. Wie ist denn da der konkrete Wirkzusammenhang? Ist unsere Wirtschaft nicht stärker geworden und trotzdem ist die Kinderarmut gestiegen? Wo sollte das Interesse der Wirtschaft an der Stärkung von armen Kindern liegen, wenn die armen Erwachsenen dort auch keine Rolle spielen?
Sind Wirtschaftsunternehmen nicht primär auf Gewinnmaximierung ausgerichtet und nicht auf die Stärkung von Benachteiligten der Gesellschaft? Das letztere ist für mich eindeutig Aufgabe der Politik und nicht "der Wirtschaft".
Mit freundlichen Grüssen
K. R.
Sehr geehrte Frau R.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage.
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Kinderarmut ist für mich ein großes Problem und es gehört aus meiner Sicht zu den vordringlichen Aufgaben der Familienpolitik, sich dieses Problems anzunehmen. Eine sogenannte Kindergrundsicherung halte ich allerdings aus verschiedenen Gründen für nicht zielführend. Darauf bezog sich meine Äußerung. Der Hauptgrund für meine Ablehnung dieses Konzepts besteht darin, dass eine Kindergrundsicherung nicht die tatsächlichen Ursachen der Armut bekämpft. Im Gegenteil, sie erhöht sogar die Gefahr einer Verfestigung von Familienarmut. Je höher die Transferleistungen ausfallen, umso weniger lohnt sich die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit. Es wird aber immer wieder von Wissenschaftlern darauf hingewiesen, dass der nachhaltigste Weg zur materiellen Sicherung von Kindern in der Erwerbstätigkeit der Eltern liegt. Und das ist es, was ich mit meiner Äußerung sagen wollte. Kinderarmut ist Familienarmut. Eine gezielte Förderung kann sich daher nur an die Familie, nicht allein an das Kind richten. Die Union setzt dafür auf einen Maßnahmenmix. Von zentraler Bedeutung ist dabei aus meiner Sicht, die Eltern bei der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu unterstützen. Das geschieht u.a. durch die Sicherstellung einer verlässlichen und qualitativ hochwertigen Kinderbetreuung. Unsere Unterstützung der Länder und Kommunen beim qualitativen und quantitativen Ausbau der Kindertagesbetreuung werden wir deshalb fortsetzen. Darüber hinaus werden wir einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter einführen. Neben dem Ausbau der Kinderbetreuung werden wir Familien aber auch finanziell noch stärker unterstützen. Dabei kommt es uns darauf an, denjenigen zu helfen, die auf Unterstützung angewiesen sind. Neben der geplanten Erhöhung des Kindergelds wollen wir daher den Kinderzuschlag erhöhen. Wir werden sicherstellen, dass gemeinsam mit dem Kindergeld der Mindestbedarf des sächlichen Existenzminimums gedeckt wird. Mit steigendem Einkommen soll der Kinderzuschlag nicht abrupt enden, sondern die Leistung künftig langsam auslaufen. Auf diesem Weg wollen wir Anreize zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit schaffen. Ganz wichtig ist uns darüber hinaus, dass die Leistungen – anders als bisher – bei den bedürftigen Familien ankommen. Daher werden wir auch versuchen, die verschiedenen familienpolitischen Leistungen bessern zu bündeln und zu entbürokratisieren.
Leider hat die schwierige finanzielle Situation einer Familie häufig auch negative Auswirkungen auf Entwicklung und Bildungschancen der Kinder. Wir werden daher auch verstärkt in Bildung und Teilhabe für Kinder investieren. Hemmnisse der Inanspruchnahme des Bildungs- und Teilhabepakets müssen beseitigt werden, die Wirkung geprüft und gezielt erhöht werden.
Sie nehmen weiterhin Bezug auf eine meiner Äußerungen zur Stärkung der Wirtschaft. Ich bleibe dabei. Wir brauchen eine starke Wirtschaft, denn das bedeutet auch eine geringe Arbeitslosenquote und sprudelnde Steuereinnahmen. Eine starke Wirtschaft trägt wesentlich zur Lebensqualität bei. Das ist leider keine Garantie dafür, dass alle Menschen gleichermaßen vom Wirtschaftswachstum profitieren, aber es ist eine Voraussetzung dafür. Nur dadurch sind staatliche Unterstützungsleistungen, wie z.B. die diversen familienpolitischen Leistungen möglich. Aufgabe der Politik ist es, da stimme ich Ihnen vollkommen zu – dafür zu sorgen, dass auch die bedürftigen Familien vom Wirtschaftswachstum profitieren. Das versuchen wir durch unser Konzept zur Bekämpfung der Kinderarmut zu erreichen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen Ihre Fragen beantworten konnte und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Ihr Marcus Weinberg