Frage an Marcus Weinberg von Norbert R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Abgeordneter,
zum Thema Einwanderung nehme ich zur Kenntnis, daß fast die Hälfte der Menschen, die dieses Jahr nach Deutschland kommen sollen, vom Balkan stammen, obwohl die Chance auf Asyl gleich Null ist.
Hierzu meine Fragen:
1. Müsste die deutsche Politik hier nicht reagieren und ein Einwanderungsgesetz schaffen, um sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge vom Balkan gleich wieder in ihre Herkunftsländer abschieben zu können, anstelle langdauernde Asylverfahren zuzulassen?
2. Hat die AFD nicht doch recht, wenn sie ein bedarfsorientiertes Einwanderungsgesetz fordert?
3. Sollte man nicht auch über die Geldleistungen nachdenken, die Wirtschaftsflüchtlinge bekommen? Ist die Gefahr der Ausnutzung nicht groß, die von 150 EUR Taschengeld pro Kopf ausgeht?
Mit freundlichen Grüßen
N. Rother
Sehr geehrter Herr Rother,
vielen Dank für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch.de.
Deutschland steht vor einer großen Herausforderung. Nach aktuellen Schätzungen werden ca. 800.000 Flüchtlinge dieses Jahr Deutschland erreichen. Bund, Länder und Kommunen arbeiten alle unter Hochdruck daran, Lösungen für die Unterbringung und Versorgung, aber auch für die Integration der Flüchtlinge finden. Auch das große ehrenamtliche und gesellschaftliche Engagement trägt einen großen Teil zur Bewältigung der organisatorisch und menschlich oft schwierigen Lage bei.
Etwa 40 % aller im ersten Halbjahr zu uns gekommenen Flüchtlinge sind aus dem Kosovo (17,9 %), Albanien (13,6%), Serbien (6,3%) und Mazedonien (2,6%). Seit 2014 gelten Serbien und Mazedonien als sichere Herkunftsländer. Mit den Beschlüssen aus dem Koalitionsausschuss vom 6. September haben wir uns auf ein wegweisendes Maßnahmenpaket geeinigt, nachdem auch Montenegro, Albanien und der Kosovo als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden sollen. Der Flüchtlingszustrom aus den Balkanstaaten wird durch diese Maßnahme stark reduziert werden können. Wir werden aber auch Fehlanreize beseitigten, die unser Sozialsystem insbesondere für abgelehnte Asylsuchende setzt. Bisher bekommen Flüchtlinge neben einer Unterkunft, Kleidung und Gemeinschaftsverpflegung auch ein Taschengeld in bar ausgezahlt, für eine volljährige Einzelperson sind das 143 Euro im Monat. Dieses werden wir reduzieren und so weit möglich durch gleichwertige Sachleistungen ersetzen.
Wir werden aber auch alle Asylverfahren drastisch beschleunigen. Es wird konsequent danach zu unterscheiden sein, wer tatsächlich politisch verfolgt ist bzw. als Kriegsflüchtling Schutz in Deutschland sucht und wer offensichtlich keinen Schutz, sondern bessere wirtschaftliche Verhältnisse sucht. Ist jemand nicht asylberechtigt, muss er unverzüglich abgelehnt und in seine Heimat rückgeführt werden.
Mit Blick auf den demographischen Wandel und die Arbeitsmarktlage ist jedoch klar, dass Deutschland Fachkräfte und somit auch Zuwanderung braucht. Ob Deutschland dafür ein Einwanderungsgesetz benötigt, wird in den kommenden Monaten diskutiert werden müssen. Gesetzliche Normierungen sind bereits vorhanden, könnten aber durch ein Einwanderungsgesetz konkretisiert und vereinfacht werden. Wichtig ist allerdings, dass in der aktuellen Diskussion die Frage des Fachkräftemangels und die der Asylpolitik nicht miteinander vermischt werden.
Im Augenblick ist es von größter Bedeutung, dass schnell Strukturen geschaffen und ausgebaut werden, um allen Menschen, ob politisch verfolgt oder auf der Flucht, ein sicheres Zuhause bieten zu können.
Mit freundlichen Grüßen
Marcus Weinberg, MdB