würden Sie sich für eine Direktwahl des Bundespräsidenten durch den Bürger einsetzen ?
Sehr geehrter Herr G.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage.
Das Amt des Bundespräsidenten ist durch das Grundgesetz in erster Linie mit repräsentativen und formellen Aufgaben verbunden, wie der Ernennung des Bundeskanzlers und seiner Minister oder der Ausfertigung von Gesetzen. In diesen Aufgaben ist er aber stets auf die vorherige Abstimmung im Bundestag angewiesen. Das Amt des Bundespräsidenten soll also gerade nicht in tagespolitische Prozesse eingreifen. Stattdessen soll der Bundespräsident eine überparteiliche Rolle einnehmen und auf diese Weise integrativ wirken.
Diese repräsentative Rolle entspricht auch der Gesamtkonstruktion des Grundgesetzes. In bewusster Abkehr von der Machtfülle des Reichspräsidenten der Weimarer Republik, der als Art Ersatzkaiser gerade in der Krisenzeit bedenklich viele Befugnisse in seiner Hand konzentrierte, soll der Bundespräsident nicht zum Gegenspieler des Parlaments werden. Die dem Reichspräsidenten von manchem Staatsrechtler zugedachte Rolle eines "Hüters der Verfassung" wiederum ist im Grundgesetz dem Bundesverfassungsgericht zugewiesen, das in Weimar keinen gleichwertigen Vorläufer hatte.
Eine Direktwahl des Bundespräsidenten ist mit diesem Rollenbild des Grundgesetzes nur schwer vereinbar: Es würde zu einer parteipolitischen Polarisierung des Amtes, auch durch einen öffentlich ausgetragenen Wahlkampf, kommen, welche die Integrationsfunktion erschwere könnte. Die durch die Direktwahl entstehende besondere Legitimation könnten zudem in der Bevölkerung eine große Erwartungshaltung hervorrufen, welche durch die fehlenden politischen Kompetenzen des Bundespräsidenten nur enttäuscht werden könnte.
Aus diesen Gründen sehe ich gegenwärtig keinen Anlass, die bewährte Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung, in der neben den Mitgliedern des Deutschen Bundestages Delegierte der Volksvertretungen der Länder sitzen, abzuändern.
Freundliche Grüße
Dr. Marco Buschmann MdB