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Frage von Andreas P. •

Warum ist öffentliche Nacktheit auf dem CSD Berlin keine Straftat, wenn gleichzeitig öffentliche Nacktheit anderswo als auf einem CSD als Sexualdelikt nach § 183a StGB verfolgt wird?

Gilt auf einem CSD-Demonstrationszug öffentliche Nacktheit nicht mehr als Sexualdelikt nach § 183a StGB Erregung öffentlichen Ärgernisses?

In diesem RBB-Livestream vom CSD Berlin des 28.07.2024 sieht man durchgängig immer wieder öffentlich nackte Menschen, gegen die wohl wirklich nicht strafrechtlich ermittelt wird:

https://www.youtube.com/watch?v=OwEY1t5SkVY

Oder ist öffentliche Nacktheit gar kein Sexualdelikt nach § 183a StGB, nicht auf einem CSD und auch nicht anderswo im öffentlichen Raum?

Wie aber lassen sich dann gelegentliche Gerichtsurteile erklären, die nichts anderes als bloße öffentliche Nacktheit als Sexualdelikt nach § 183a StGB verurteilen?

Beispiel:

Gerichtsurteil des Landgerichts Hagen, Aktenzeichen: 47 Ns-613 Js 224/15-30/16

welches öffentliche Nacktheit als Sexualdelikt nach § 183a StGB mit Freiheitsstrafe bestraft und welches öffentliche Nacktheit in sich als sexuelle Handlung nach § 183a StGB erkennt.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr P.

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage. 

Der CSD ist ein Tag, an dem wir Vielfalt feiern – und damit auch die Werte unserer Verfassung. Denn das Grundgesetz verspricht allen Menschen gleiche Freiheit und gleichen Schutz, egal wen sie lieben, egal welchem Geschlecht sie sich zugehörig fühlen. 

Der Straftatbestand des § 183a StGB setzt die Vornahme öffentlich sexueller Handlungen voraus, welche in der Absicht oder dem Wissen vollzogen werden, ein öffentliches Ärgernis zu erregen.

Nacktheit und Sexualität können in unserer Gesellschaft nicht mehr gleichgesetzt werden, sodass eine sexuelle Handlung nicht schon bei bloßer Nacktheit vorliegt. Sie muss aus Beobachterperspektive sexuellen Charakter haben. Zudem ist nach § 184h StGB zusätzlich eine gewisse Erheblichkeit erforderlich. Hieran sind bei § 183a StGB hohe Anforderungen zu stellen, weil hier die sexuelle Handlung nur ungewollt wahrgenommen und nicht körperlich erduldet wird.

Eine pauschale Wertung kann nicht getroffen werden. Vielmehr muss immer im Einzelfall über eine mögliche Strafbarkeit entschieden werden. Dabei dürfte auch berücksichtigen sein, dass es sich beim CSD um eine Demonstration handelt, die für die Akzeptanz unterschiedlicher sexuellen Orientierungen steht.

Freundliche Grüße

Dr. Marco Buschmann MdB

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