Warum ist die zumeist übliche Strafzumessung bei Verkehrsdelikten in Deutschland so gering, warum werden diese Taten von der Justiz aus Sicht der Opfer oftmals bagatellisiert?
Sehr geehrter Herr Buschmann,
ich wurde von einem betrunkenen Autofahrer überfahren, als dieser auch noch mit überhöhter Geschwindigkeit bei Rot über die Ampel fuhr.
Dabei erlitt ich schwerste Verletzungen und kam nur knapp mit dem Leben davon.
Der Täter wurde anschließend zu einer "Strafe" von 60 Tagessätzen á 30,- verurteilt.
Ganz offen gesprochen - ich fühle mich von der Justiz verhöhnt.
Immer wieder muss man in den Nachrichten lesen oder hören, dass bei Verkehrsdelikten derlei eher bagatellisierende "Strafen" zugemessen werden.
Warum lassen Sie das zu?
Warum wird nicht das in der Schweiz sehr erfolgreiche Programm "Via Secura" `bei uns in Deutschland übernommen?
Es beinhaltet angemessene Strafen und zeigte schon kurz nach Einführung im Jahr 2013 sehr deutliche Wirkung.
Die Unfallzahlen und vor allem die Anzahl der schwer- oder gar tödlich verletzten Unfallopfer gingen massiv zurück.
Das betrifft auch die Einführung von Tempo 30, womit sich ebenfalls viele Leben retten ließen.
Sehr geehrter Herr R.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage. Ihre Verletzung bedaure ich sehr.
Schuldig bedeutet schuldig. Jeder Schuldspruch bedeutet eine offizielle Anerkennung des Fehlverhaltens eines Angeklagten durch den Staat und damit spiegelbildlich auch die Anerkennung des Unrechts, das einem anderen Bürger widerfahren ist. Die Frage der Strafzumessung ist hiervon klar zu trennen: Die Höhe und Ausgestaltung der Strafe hängt von vielen Umständen ab, die der Richter abzuwägen hat.
Im Straßenverkehr kommt der Verhinderung künftiger Unfälle eine besondere Bedeutung zu. Deshalb sind viele gefährliche Verhaltensweisen auch dann schon strafbar, wenn es (noch) gar nicht zu einem Unfall gekommen ist. Dies betrifft insbesondere die Trunkenheit im Verkehr. Eine Verurteilung wegen Trunkenheit im Verkehr hat auch regelmäßig den Entzug der Fahrerlaubnis zur Folge. Die Wiedererteilung erfordert im Regelfall eine erfolgreiche, auf Kosten des Täters zu absolvierende MPU. Für den Täter ist der Verlust der Fahrerlaubnis häufig wegen der damit verbundenen beruflichen und privaten Folgen eine als schwer empfundene Sanktion.
Personen, die Alkohol missbrauchen oder alkoholabhängig sind, sind zudem grundsätzlich zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet. Ihnen wird daher auch ohne eine strafrechtliche Verurteilung die Fahrerlaubnis entzogen. Auch hierdurch wird der Schutz anderer Verkehrsteilnehmer sichergestellt.
Im Übrigen bitte ich um Verständnis, dass mit Blick auf die im Grundgesetz garantierte Gewaltenteilung und aus Respekt vor der unabhängigen Justiz grundsätzlich keine Stellungnahme zu einzelnen Gerichtsentscheidungen möglich ist.
Freundliche Grüße
Dr. Marco Buschmann MdB