Wann wird staatliche Schutzpflicht, Kinder vor induzierter Entfremdung zu schützen, umgesetzt?
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung Pisica ./. Moldavien (23641/17 vom 29.10.2019) festgestellt, dass staatliche Behörden eine aktive Pflicht haben, rechtzeitig notwendige Maßnahmen gegen eine Eltern-Kind-Entfremdung zu ergreifen und zur Kontakt-Wiederherstellung zu ergreifen. In Deutschland ist es noch immer üblich, dass Elternteile gegen ihren Willen und gegen Grundrechte und -bedürfnisse ihrer Kinder aus deren Leben gedrängt werden. Die am 29. Oktober 2019 vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im Fall 23641/17 definierte staatliche Schutzpflicht, Kinder vor induzierter Entfremdung zu schützen, wird von den beiden federführenden Bundesministerien für Justiz (BMJV) und Familie (BMFSFJ) ignoriert.
Sehr geehrter Herr M.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage.
Der Schutz des Kindeswohls ist der zentrale Grundsatz des deutschen Familienrechts. Aus dem besonderen Schutz der Familie, Art. 6 Abs. 1 GG, folgen grundrechtliche Verpflichtungen für die Gerichte und Behörden. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, die vom Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung Berücksichtigung findet, stellt insoweit keinen Widerspruch dar.
Gegenstand des zitierten Urteils des Europäischen Gerichtshofs sind die Handlungen der Justiz- und Verwaltungsbehörden der Republik Moldau im Umgang mit einem konkreten Einzelfall. In Deutschland ist es auf Grundlage der geltenden Rechtslage bereits heute möglich, in einem laufenden Verfahren zu verhindern, dass es nicht zwischenzeitlich zu Entfremdung kommt. Den Bundesministerien wie der Bundesregierung als ganzem ist es dagegen im Rahmen der Gewaltenteilung verwehrt, Einfluss auf einzelne Verfahren zu nehmen. Dem Schutz des Kindeswohls Geltung zu verschaffen, ist Aufgabe der unabhängigen Gerichte.
Freundliche Grüße
Dr. Marco Buschmann MdB