Sehr geehrter Herr Buschmann, gibt es eine Art Kollektivhaftung für die Folgen eines Bundesgesetzes ?
Sehr geehrter Herr Buschmann,
können Abgeordnete für die Folgen Ihres Abstimmungsverhaltens haftbar gemacht werden, oder fällt die Verantwortung für die Folgen von Parlamentsbeschlüssen auf die Wähler zurück ?
Mit freundlichen Grüßen
Bernd H.
Sehr geehrter Herr H.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage.
Das Staatshaftungsrecht zeichnet sich durch eine Vielzahl von rechtlichen Anspruchsgrundlagen aus. Typischerweise wird zwischen Schadensersatz- Entschädigungs-, Folgenbeseitigungs- und Erstattungsansprüchen unterschieden. Ihre Frage berührt in erster Linie den Bereich der Amtshaftung als eine Form eines Schadensersatzanspruches. Gemäß Art. 34 GG in Verbindung mit § 839 Abs. 1 BGB besteht in Deutschland ein allgemeiner Amtshaftungsanspruch. Dieser verpflichtet die öffentliche Hand zum Ersatz der Schäden, die durch eine schuldhafte Amtspflichtverletzung verursacht worden sind.
Mit Blick auf die individuelle Haftung von Mitgliedern des Deutschen Bundestages ist die Sachlage rechtlich komplexer. In einer Ausarbeitung des Jahres 2012 hat sich der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages ausführlich mit dieser Frage befasst (Link).
Demnach finden sich keine belastbaren Anhaltspunkte für eine Amtshaftung von Abgeordneten mit einer Haftungsüberleitung auf den Staat, auch wenn den Mitgliedern des Bundestages ein öffentliches Amt im Sinne des Art. 34 GG anvertraut ist. Im Rahmen der Rechtsetzung (Mandatsausübung im engeren Sinne) werden Abgeordnete zwar hoheitlich tätig. Eine Amtshaftung setzt jedoch eine Verletzung einer drittschützenden Amtspflicht im Zusammenhang mit dem Rechtsetzungsakt voraus, die zumeist nicht gegeben ist. Auch eine Fiskalhaftung von Abgeordneten dürfte ausscheiden. Abgeordnete befinden sich gegenüber dem Deutschen Bundestag weder in einem Über- und Unterordnungsverhältnis, noch sind sie weisungsgebundene Hilfsperson des Bundestages bei der Erfüllung von privatrechtlichen Verrichtungen. Deswegen kann keine Fiskalhaftung des Staates für ein Organverschulden der Abgeordneten bestehen.
Anders stellt sich die Situation bei der Mandatsausübung im weiteren Sinne dar. Hier haften Abgeordnete für ihre privatrechtlichen Handlungen grundsätzlich wie jede andere Person im Privatrechtsverkehr. Eine abschließende rechtliche Beurteilung ist - in Anbetracht der Vielzahl von unterschiedlichen Haftungsrisiken - jedoch nur im konkreten Einzelfall möglich.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen Ihre Frage hiermit beantworten.
Freundliche Grüße
Dr. Marco Buschmann MdB