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Marco Buschmann
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Frage von Erhard J. •

Sehr geehrter Herr Bundesjustizminister Marco Buschmann FDP, laut GG dürfen Fehlurteile auch bei neuer Beweislage nicht korrigiert werden. Was halten Sie davon?

Mit freundlichen Grüßen. E. J.

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Sehr geehrter Herr J.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage.

Der Grundsatz "ne bis in idem" (lat.: „nicht zweimal in derselben Sache“) ist eine zentrale strafprozessuale Verfahrensgarantie und besagt, dass niemand wegen derselben Handlung zweimal bestraft werden darf. Auf nationaler Ebene ist der Grundsatz in Artikel 103 des Grundgesetzes verankert: „Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.“ Speziell auf das Strafrecht bezogen garantiert der Grundsatz ne bis in idem dem einer Straftat Beschuldigten, dass eine einmal getroffene rechtskräftige Entscheidung nicht nach Gutdünken der staatlichen Gewalt revidiert werden kann. Anerkannt ist hierbei, dass dieser Grundgesetz-Artikel die rechtskräftig bestrafte oder freigesprochene Person nicht nur vor doppelter Bestrafung, sondern auch bereits vor erneuter Strafverfolgung wegen derselben Tat schützt.

Aktuelle Relevanz hatte der Grundsatz "ne bis in idem" durch eine Reform der strafprozessualen Regelungen in der 19. Legislaturperiode. Das vom Deutschen Bundestag beschlossene "Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit" vom
21.12.2021 hatte zum Ziel, § 362 der Strafprozessordnung in Gestalt einer neuen Nr. 5 zu erweitern: Fortan sollte die Wiederaufnahme eines Verfahrens auch dann möglich sein, „wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht werden". Das Bundesverfassungsgericht hat diese Reform des Wiederaufnahmeverfahrens mit Urteil vom 31.10.2023 für verfassungswidrig und nichtig erklärt (Az.: 2 BvR 900/22). Die Korrektur eines Strafurteils mit dem Ziel, eine inhaltlich „richtigere“ und damit materiell gerechtere Entscheidung herbeizuführen, lasse sich mit der von Artikel 103 des Grundgesetzes getroffenen unbedingten Vorrangentscheidung zugunsten der Rechtssicherheit gegenüber der materialen Gerechtigkeit nicht vereinbaren. Dieses Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat Klarheit und Rechtssicherheit geschafft. Das gilt es zu respektieren.

Freundliche Grüße

Dr. Marco Buschmann MdB

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