Lieber Minister, könnten Sie bitte das konkrete Gesetz nachweisen, nach welchem Artikel 10 Absatz 2 GG Grundrechtseingriffe zulässt??
Artikel 10.2 GG stellt klar, nur aufgrund eines Gesetzes dürfe es Beschränkungen geben. Trotz der Beteuerung, es handle sich etwa um das G10-Gesetz, können Sie Artikel 18 GG nicht ableugnen. Und das ist das Problem. Welches bestimmte Gesetz sollte es sein, wenn es ja mehrere gäbe? Soweit Artikel 18 GG eine Eingriffsbefugnis hat, ist er unweigerlich ein Gesetz im Sinne des Artikels 10.2 GG, sonst wäre er verfassungswidrig. Selbst die Aufhebung der in Artikel 10 GG aufgeführten (und gemäß Artikel 19.1 GG Satz 2 vollständig zitierten) Rechte reicht nicht zur Aufhebung dieser Bestimmung. Auch dürfe Artikel 18 GG, der kein anderes Gesetz zur näheren Regelung bekräftigt, aus identischem Eingriffsgrund, die Bestimmung des Artikels 10.2 GG Satz 2 zur Geheimhaltung und Rechtswegbeschränkung nicht einfach umgehen. Ich sehe die Gefahr, dass Artikel 10.2 GG, als Einfallstor für Artikel 18 GG, eine vollständige Entrechtung unschuldiger Bürger bezweckt! Was haben Sie dazu zu sagen?
Sehr geehrter Herr S.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage.
Art. 10 Abs. 2 GG erlaubt Eingriffe in das Brief- sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis nur auf Grund eines Gesetzes. Neben dem G10-Gesetz (Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses) sind dies insbesondere die Vorschriften der Strafprozessordnung, die entsprechende Ermittlungsmaßnahmen vorsehen. Zu nennen sind auch die Vorschriften der Strafvollzugsgesetze, welche für den Briefversand und –empfang von Gefangenen Einschränkungen etwa zum Schutz der Anstaltssicherheit vorsehen.
Hiervon zu unterscheiden ist Art. 18 GG, der eine eigenständige Rechtsgrundlage darstellt. Art. 18 GG sieht vor, dass bestimmte Grundrechte verwirkt werden können, wenn sie zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht werden. Die Verwirkung und ihr Ausmaß werden durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen. Das genaue Verfahren ist in den §§ 36 ff. des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) geregelt. Ein Zusammenhang mit Art. 10 Abs. 2 GG besteht nicht. In der Geschichte der Bundesrepublik ist bislang keine solche Grundrechtsverwirkung ausgesprochen worden.
Freundliche Grüße
Dr. Marco Buschmann MdB