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Frage von Marcel H. •

Laut BGH-Urteil: Muss ich als Anwalt im Grunde gar nicht arbeiten, sondern lediglich Mandate annehmen und Rechnungen schreiben?

S. g. Herr Dr. Buschmann,

lt. BGH, Urteil v. 15.07.04 - IX ZR 256/03, kann "[d]er Vergütungsanspruch aus einem Anwaltsdienstvertrag [...] wegen einer unzureichenden und pflichtwidrigen Leistung des Rechtsanwalts nicht gekürzt werden oder in Wegfall geraten."

Ergibt sich hieraus, dass ich als Anwalt im Grunde gar nicht arbeiten, sondern lediglich Mandate annehmen und Rechnungen schreiben müsste, um meinen Lebensunterhalt zu bestreiten?

Wenn ja: Sehen Sie diesen Umstand kritisch? Wie erklären Sie als Bundesminister der Justiz dies denjenigen Bürgern, die nicht über solche Privilegien verfügen? Wie ist eine "Pflicht" zu verstehen, bei der Zuwiderhandeln keinerlei Konsequenzen hat?

Wenn nein: Warum nicht?

Wie lässt sich derzeit – oder ließe sich künftig – verhindern, dass das RVG missbraucht wird, um sich bspw. an Schwerstgeschädigten nach einem Verkehrsunfall zu bereichern? Hier sind teils fünfstellige Gebühren möglich, ohne eine Gegenleistung zu erbringen. Vielen Dank + herzl. Grüße

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Sehr geehrter Herr H.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage.

Der Anwaltsvertrag ist in der Regel ein Dienstvertrag (§ 611 BGB). Geschuldet ist nämlich nicht - wie bei einem Werkvertrag - ein bestimmter Erfolg, etwa ein gewonnener Prozess, sondern nur eine ordnungsgemäße und zweckmäßige Prozessführung. Vergleichbar damit ist der Behandlungsvertrag, bei dem der Arzt nicht die Heilung des Patienten schuldet, sondern nur eine Behandlung entsprechend den Regeln der ärztlichen Kunst. Eine abweichende Vertragsgestaltung kommt in diesen Fällen regelmäßig nicht in Betracht, da der gewünschte Erfolg von externen Faktoren abhängt, im Falle des Anwaltsvertrages von der Rechtslage und der Entscheidung der unabhängigen Gerichte. 

Das daher zur Anwendung gelangende Dienstvertragsrecht kennt keine Gewährleistung. Bei Anwaltsverträgen gilt daher ebenso wie z.B. bei Arbeitsverträgen, dass eine unzureichende Leistung nicht zu einer Kürzung des Vergütungsanspruches führt. Wie der Bundesgerichtshof in dem von Ihnen zitierten Urteil weiter ausgeführt hat, besteht aber ein Schadensersatzanspruch, wenn infolge der Pflichtverletzung ein Schaden entsteht, beispielsweise ein gegebener Anspruch nicht erfolgreich eingeklagt werden kann. Zudem drohen dem Anwalt auch bei Pflichtverletzungen berufsrechtliche Konsequenzen. 

Freundliche Grüße

Dr. Marco Buschmann MdB

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