Haben Sie tatsächlich Vergewaltigungen als "minder schwere Straftaten" eingestuft? Als Frau, Mutter von Töchtern und Großmutter von Enkelinnen bin ich fassungslos.
Quellen: (u.a.) Die EU will härter gegen Vergewaltigung kämpfen - doch die Bundesregierung wendet sich dagegen. Justizminister Buschmann hat rechtliche Bedenken. (https://www.zdf.de/nachrichten/politik/sexualstrafrecht-gesetz-ja-heisst-ja-eu-deutschland-100.html)
Justizminister Marco Buschmann will die Verbreitung von Bildern sexualisierter Gewalt gegen Kinder statt als Verbrechen nur noch als Vergehen bewerten.
(https://www.sueddeutsche.de/meinung/justiz-kinderpornografie-strafmass-kommentar-1.6302868?reduced=true)
Sehr geehrte Frau S.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage.
Zur EU-Gewaltschutzrichtlinie: Europa bekommt einheitliche Regeln u. a. zur Kriminalisierung von Genitalverstümmelung, von Zwangsehen, von Cyberstalking und von nicht einvernehmlicher Veröffentlichung von intimen Bildern. Das ist ein wichtiges Paket, auf das sich Brüssel nun im Trilog politisch geeinigt hat. Europa kann jetzt mit einer starken gemeinsamen Stimme der Gewalt gegen Frauen noch effektiver den Kampf ansagen. Das begrüße ich sehr. Der Artikel 5, der in der Richtlinie ursprünglich vorgesehene Vergewaltigungstatbestand, wird nicht Teil der Richtlinie sein. Die Mehrheit der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so auch die gesamte deutsche Bundesregierung und der juristische Dienst des Rates folgen der Rechtsauffassung, dass eine solche europaweite Regelung rechtswidrig gewesen wäre. Der Beschluss einer offenkundig rechtswidrigen Regelung hätte zu mehr Unsicherheit und damit zum Gegenteil dessen geführt, was wir erreichen wollen – mehr Sicherheit für Frauen. Ich unterstütze Maßnahmen, die schnell und konkret mehr Sicherheit für Opfer sexualisierter Gewalt bringen. Ich denke dabei an den Ausbau von Gewaltschutzambulanzen, den Ausbau von psycho-sozialer Betreuung oder auch die Schaffung neuer Frauenhäuser. Hier sind eine Kraftanstrengung und zügiges Handeln aller politischer Akteure gefragt, denn das Thema ist, wie Sie wissen, mindestens so komplex wie es dringlich ist.
Zu § 184b StGB: Es steht vollkommen außer Frage, dass die Verbreitung kinderpornographischer Inhalte schwer bestraft werden muss. Das soll und muss auch unbedingt so bleiben. Es handelt sich um ein schweres, schreckliches Verbrechen. Der aktuelle Vorschlag soll lediglich eine Änderung des § 184b StGB aus dem Jahr 2021 korrigieren, die zu großen Problemen in der Praxis geführt hat. Denn seitdem werden auch Fälle erfasst, die eigentlich nichts mit dem zu tun haben, was man landläufig unter der Verbreitung kinderpornographischer Inhalte versteht: Dazu zählen etwa niedrigschwellige Fälle (vgl. dazu den Sachverhalt der derzeitig beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Normenkontrollvorlage des AG Buchen gegen § 184b Abs. 3 StGB). Außerdem problematisch sind Fallkonstellationen mit Personen, die lediglich auf Missstand aufmerksam machen wollen und kinder-pornographisches Material nur vorübergehend an sich nehmen und/oder verbreiten, ohne dass es ihnen auf den inkriminierten Inhalt selbst ankommt.
Freundliche Grüße
Dr. Marco Buschmann MdB