Finden Sie es okay, dass das WEG unsere Demokratie, die Solidarität in der Gesellschaft und ausbleibende Wertentwicklungen von Liegenschaft im hohen Maße gefährdet?
Sehr geehrter Herr Buschmann, es sind eigene Erfahrungen in zwei Liegenschaften und Schilderungen aus vier weiteren Liegenschaften in unmittelbarer und mittelbarer Nachbarschaften, die m.E. den allgmein vorherrschend Besorgnis erregenden Trend verstärken, demokratische Werte zu gefährden. In nahezu allen Liegenschaften Deutschlands scheint die den Eigentümern gesetzlich zugewiesene Verantwortlichkeit (§ 18 (1) WEG) prinzipiell auf die Verwaltungsbeiräte (§ 29 (2) WEG) und die Hausverwaltungen (§§ 26 ff. WEG) abgeschoben zu werden. Hausverwaltung und Verwaltungsbeiräte setzen die Eigentümer bei liegenschaftsrelevanten Angelegenheiten lediglich ins 'Benehmen'. Oft sogar nur unterschwellig. Das aber untergräbt § 18 (1) WEG in eklatanter Weise. Anwaltliche Beratungsdienste diverser Rechtsschutzversicherungen legen das WEG durchweg so aus, als ob es nur bezweckt, die Interessen jedes einzelnen Eigentümers "auf den Stock" zu setzten. Interessiert? Bitte um Antwort. Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr. W.
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage.
Das Recht des Wohneigentums wurde 2020 umfassend reformiert. Dabei wurde auch die Rechtsstellung der Eigentümergemeinschaft gestärkt. Diese kann nunmehr jederzeit den Verwalter abberufen, ohne dass es hierfür noch eines wichtigen Grundes bedürfte. Diese Entscheidung können die Eigentümer bereits mit einfacher Mehrheit treffen. Die Vereinbarung höherer Hürden, z.B. einer qualifizierten Mehrheit oder der Zustimmung eines Dritten zur Abberufung, ist unzulässig.
Um die Qualität der Verwaltung zu sichern, wurde die Möglichkeit einer Zertifizierung für Verwalter eingeführt. Dieser hat durch eine Prüfung vor der Industrie- und Handelskammer nachgewiesen, dass er über die für die Tätigkeit als Verwalter notwendigen rechtlichen, kaufmännischen und technischen Kenntnisse verfügt. Ab dem 1.12.2023 besteht auch ein Anspruch jedes einzelnen Eigentümers auf Bestellung eines zertifizierten Verwalters.
§ 29 WEG sieht lediglich die Möglichkeit, nicht die Pflicht vor, einen Verwaltungsbeirat zu ernennen. Dieser hat die Aufgabe, im Interesse der Eigentümergemeinschaft die Verwaltung zu überwachen. Es bleibt den Eigentümern überlassen, welche Form der Kontrolle sie als zweckmäßiger erachten. Die Entscheidungsrechte der Eigentümer werden durch den Verwaltungsrat nicht eingeschränkt.
Schließlich sieht § 27 Abs. 2 WEG vor, dass die Wohnungseigentümer die Aufgaben und Befugnisse des Verwalters durch Beschluss einschränken und erweitern können. Damit bestimmt in jeder WEG die Eigentümergemeinschaft demokratisch per Beschluss darüber, in welchem Umfang sie die Verwaltungsaufgaben delegieren will. Dies ist auch sinnvoll: Nur die Wohnungseigentümer können anhand der Lage vor Ort, beispielsweise auch der Größe des Gebäudes und der Anzahl der Parteien, entscheiden, in welchem Ausmaß eine professionelle Verwaltung durch eine externe Person notwendig und zweckmäßig ist.
Freundliche Grüße
Dr. Marco Buschmann MdB