Frage an Marco Buschmann von Yvonne A. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Buschmann,
hier in Nordrhein-Westfalen und in Gelsenkirchen, aber auch in anderen Bundesländern, liegt das Gehalt für Lehrer im Vorbereitungsdienst oder auch für Referendare auf der Höhe von 1970. 1999 wurde es gekürzt um 250 EUR mit der Begründung, dass man selbst mit dem geringen Gehalt genügend Bewerber finden würde.
Betrachtet man die Situation im Berufsschulbereich, in dem ich mein Referendariat mache, scheint dies ja nicht mehr wirklich zu funktionieren, weil Referendare ja an allen Ecken und Enden fehlen und man sogar noch "Fachfremde" einstellen muss, um den Bedarf überhaupt zu decken.
Das geringe Gehalt zwingt Referndare ans Existenzminimum. Es gibt kaum ausreichende Lehrerbibliotheken, die meisten enthalten Werke aus den 1960er Jahren, weil an der Bildung ja gespart und der Mangel neue Kräfte freisetzen soll (*zynismus on*). So kaufen sich die angehenden Lehrer von ihrem geringen Gehalt Bücher, die sie in Schulden stürzen.
Auch den Schülern geht es nicht besser: Es gibt kaum Schülerbibliotheken an den Schulen, die ihren Namen wirklich verdienen, und Lehrer verleihen zum Teil an die Schüler privat ihre Bücher, damit sie die Gelegenheit zum Lesen fremdsprachlicher Literatur bekommen. Überhaupt müssen die Schüler mit dem Mangel leben: Räume für betreutes Surfen zur Informationssuche außerhalb der Schulzeit wie es sie z. B. in englischen Schulen gibt sind in deutschen Schulen vergeblich zu suchen.
Wenn Sie vielleicht auf dem Standpunkt stehen, die Junglehrer sind nicht mehr als das Existenzminimum wert, so soll es Ihnen unbenommen bleiben. Aber was ist mit den Schülern? Anders gefragt: Wie stehen Sie zu dem Problem, dass es kaum funktionierende Schulbibliotheken an Schulen gibt, auch und gerade in dieser Region? Bitte verweisen Sie nicht auf die örtliche Stadtbibliothek; an englischen Schulen wird eine Bibliothek an der Schule zusätzlich zur Stadtbibliothek als selbstverständlich angesehen.
Mit freundlichen Grüßen
Y. Ayech
Liebe Frau Ayech,
ich kann Ihre Lage sehr gut verstehen. Die Bezüge im juristischen Ausbildungsdienst (ebenso ein Referendariat), der mir gut bekannt ist, sind die gleichen. Die Bibliotheken der Gerichte sind vergleichbar schlecht ausgestattet, wie die der Schulen und die Zahl der Bücher, die sich die juristischen Referendare anschaffen müssen, wird nicht bedeutend geringer sein. Ich glaube also, mit der Lebenssituation vertraut zu sein.
Ich stimme mit Ihnen voll überein, dass wir - bei aller Sparsamkeit, die die Finanzlage der öffentlichen Haushalte gebietet - beim Thema Bildung klare Prioritäten setzen müssen. Dass die FDP das tut, hat die neue Landesregierung in NRW durch die kurzfristige Einstellung von zusätzlichen 1.000 Lehrern bewiesen.
Ich möchte, dass die Schulen mehr Geld bekommen zu ihrer planbaren Verfügung. Damit kann die einzelne Schule entscheiden, was sie tut - z.B. die Ausstattung ihrer Bibliothek verbessern.
Ich hoffe, Ihnen weitergeholfen zu haben.
Marco Buschmann