Frage an Marco Buschmann von Fritz M. bezüglich Gesundheit
a) Wird Ihre Fraktion gegen die von der Wissenschaft und von Verwaltungsgerichten als untauglich abgelehnte nächtliche Ausgangssperre stimmen?*
b) Wird Ihre Fraktion für eine Testpflicht auf Arbeit stimmen, also eine Verpflichtung zum tatsächlichen Testen, nicht nur zum Anbieten?
c) Wie erklären Sie einem zwölfjährigen Kind, dass es sich mehrmals die Woche testen muss, wenn es in die Schule möchte, eine deutlich gefährdeterer Erwachsener aber ohne ins Büro darf?
Anders gefragt: Warum ist Erwachsenen nicht verpflichtend zuzumuten, was Kinder problemlos können?
d) Wie erklären Sie diesem zwölfjährigen Kind, dass es nicht in Schule darf, weil sich mangels Vorschriften zu viele Erwachsene bei der Arbeit angesteckt haben?
--
Zur Orientierung: Das unter c) und d) anzusprechende zwölfjährige Kind hat aufgrund von Greta und der Pandemie ein dem Alter angemessenes politisches Bewusstsein. Es testet sich mehrmals die Woche selbst, guckt jeden morgen die Inzidenzzahlen und die Impfquote. Es ist auch über Corona weitgehend informiert und trifft deshalb Freunde nur draußen.
*Die Ablehnung der nächtlichen Ausgangssperre ist u.a. hier dokumentiert:
Offener Brief der Aerosolforscher: Die Gefahr lauert drinnen
http://docs.dpaq.de/17532-offener_brief_aerosolwissenschaftler.pdf
OVG Lüneburg, Beschluss vom 06.04.2021, 13 ME 166/21: Ausgangsbeschränkung während der Corona-Pandemie
http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml?doc.id=MWRE210001396&st=ent&doctyp=juris-r&showdoccase=1¶mfromHL=true#focuspoint
SZ, Corona-Pläne des Bundes: Ex-Richterbund-Chef "fassungslos"
https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/gesundheit-berlin-corona-plaene-des-bundes-ex-richterbund-chef-fassungslos-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-210411-99-159803
Sehr geehrter Herr Meier,
haben Sie vielen Dank für Ihre Fragen.
Als Freie Demokraten lehnen wir Ausganssperren ab. Sie schießen als Maßnahme über das Ziel hinaus. Denn nicht das Verlassen des Hauses oder der Wohnung ist ein Infektionsrisiko, sondern der Kontakt zu anderen Menschen. Dieser ist der Forschung zufolge besonders dann riskant, wenn er in Innenräumen stattfindet – nicht draußen. Mit Ausganssperren schränkt man also pauschal Menschen bei Aktivitäten ein, die kein Infektionsrisiko darstellen. Auch der epidemiologische Nutzen von Ausganssperren ist dabei zweifelhaft. Wissenschaftliche Untersuchen haben mehr als einmal gezeigt, dass der Beitrag nächtlicher Ausgangssperren zu einer Verringerung des Infektionsgeschehens gering ist und auch schnell verschwindet, wenn sich die Bevölkerung schlichtweg der neuen Situation anpasst und ihre Kontakte in die Tagesstunden verlegt. Das belegt im Übrigen auch der Vergleich der Bundesländer: In Baden-Württemberg gab es lange eine strenge abendliche Ausgangssperre. In Nordrhein-Westfalen hingegen nicht. Das Infektionsgeschehen hat sich in beiden Ländern trotzdem ähnlich entwickelt. Auch Bayern konnte damit seine Infektionszahlen nicht dauerhaft senken.
Hinzu kommt, dass Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichte Ausgangssperren bereits als rechts- oder verfassungswidrig verworfen haben. Neue Argumente, die sich mit diesen Entscheidungen seriös auseinandersetzen, enthält der vorliegende Entwurf der Bundesregierung nicht. Er riskiert also sehenden Auges das Verdikt der Verfassungswidrigkeit – und damit das nächste Fiasko im Pandemiemanagement. Wir haben uns im Deutschen Bundestag für eine Streichung der Ausganssperren eingesetzt und hierzu ebenfalls einen Änderungsantrag eingebracht, den Sie bei Interesse hier finden: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/287/1928753.pdf. Da sich Union und SPD aber über unsere Einwände hinweggesetzt haben, gehen wir nun im Wege einer Verfassungsbeschwerde gegen die Novelle des Infektionsschutzgesetzes vor.
Beim Thema der Testungen in Betrieben erkennen wir das große Engagement der vielen Unternehmen an, die schon seit geraumer Zeit kostenlose Tests für Ihre Arbeitnehmer bereitstellen. Da die Mehrheit der Arbeitnehmer dieses Angebot auch nutzt, erscheint mir eine Verpflichtung der Arbeitnehmer, sich testen zu lassen, nach aktuellem Stand nicht erforderlich.
Mit besten Grüßen
Dr. Marco Buschmann MdB
Erster Parlamentarischer Geschäftsführer