Frage an Marco Buschmann von Martin M. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Buschmann,
die Frage zum Kandidatencheck "Eingetragene Lebenspartner sollen Kinder adoptieren können." beantworten Sie mit Ja, mit der Begründung „Gleiche Pflichten, gleiche Rechte. Das ist unsere liberale Überzeugung.“
Wie passt diese Aussage zusammen mit der Tatsache, dass Sie bei den namentlichen Abstimmungen in den vergangenen 2 Jahren sowohl zur Vollständigen Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft, zu den beiden Abstimmungen zum Recht auf Eheschließung, zu den vier Abstimmungen zur Gleichstellung im Steuerrecht als auch zur Abstimmung zum gemeinsamen Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare jeweils ablehnend mit Nein geantwortet haben?
Sehr geehrter Herr Mueler,
vielen Dank für Ihre Frage vom 29.08.2013.
Ich kann Ihre Sichtweise nachvollziehen, dass mein Bekenntnis zur Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften im Adoptionsrecht im Kandidatencheck von Abgeordnetenwatch nicht mit meinem Abstimmungsverhalten bei Gesetzesvorlagen zur Gleichstellung von Lebenspartnerschaften übereinstimmt. Gerne möchte ich Ihnen mein Abstimmungsverhalten näher erklären.
Seit Beginn der Regierungsbeteiligung der FDP im Jahr 2009 sind eingetragene Lebenspartner im Beamten-, Richter- und Soldatenrecht, im Entwicklungshelfergesetz, bei der Erbschaft- und Grunderwerbsteuer und beim BAföG mit Ehegatten gleichgestellt worden. Wir haben als FDP die Errichtung der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld durchgesetzt, die durch Bildung und Forschung der Diskriminierung eingetragener Lebenspartnerschaften entgegen tritt. Das Auswärtige Amt und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung haben unter liberalen Ministern neue Akzente in der Menschenrechtspolitik für Homosexuelle gesetzt: erstmals wurde die Budgethilfe für Staaten verschärft, die Strafnormen verschärfen; erstmals wurden konkrete Projekte vor Ort für mehr gesellschaftliche Akzeptanz finanziert. Mit dem neuen Sorgerecht haben wir zudem auch für schwule Väter in so genannten Regenbogenfamilien einen guten Rechtsrahmen geschaffen.
Bei der Einkommensteuer haben wir bereits lange auf die Gleichstellung der Lebenspartner gedrängt. Unsere Position wurde vollumfänglich vom Bundesverfassungsgericht bestätigt. Ich freue mich, dass die Koalition in Rekordgeschwindigkeit diese Entscheidung noch vor der parlamentarischen Sommerpause und damit vor dem Ende der Legislaturperiode umgesetzt hat.
Die beschlossene Gleichstellung im Einkommensteuergesetz macht weitere Anpassungen in damit verbundenen Gesetzen erforderlich. Dies war in der Kürze der Zeit nicht mit der notwendigen Sorgfalt möglich. Auch die Änderungsanträge der Opposition waren nicht vollständig. Die Linke wollte nur die Abgabenordnung anpassen, die Grünen dagegen auch das Wohnungsbauprämiengesetz, das Altersvorsorge-Zertifizierungsgesetz, das Eigenheim-Zulagengesetz und das Bundeskindergeldgesetz. Auch der grüne Gesetzentwurf war nicht vollständig. Daher ist ein umfassendes Rechtsbereinigungsgesetz erforderlich, das in dieser Wahlperiode nicht mehr leistbar war. In der Zeit bis zur Verabschiedung eines solchen Gesetzes wird den Betroffenen dadurch keinerlei steuerlicher Nachteil entstehen.
Die FDP tritt darüber hinaus für die vollständige Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften mit der Ehe und die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ein. Wer gleiche Pflichten hat, muss auch gleiche Rechte bekommen. Auch beim Adoptionsrecht ist eine vollständige Gleichstellung geboten.
Nach dem Koalitionsvertrag sind wir wie in allen Koalitionen dieser Republik daran gebunden, nicht mit wechselnden Mehrheiten abzustimmen. Gerade in der Frage des Adoptionsrechtes gibt es beim Koalitionspartner noch erkennbaren inhaltlichen Klärungsbedarf.
Daher konnte ich den Änderungsanträgen der Opposition zum Adoptionsrecht und zur Öffnung der Ehe, die ich beide inhaltlich unterstütze, bei der besagten Abstimmung nicht zustimmen.
So wie ich Ihnen mein Abstimmungsverhalten hier begründet habe, habe ich auch im Parlament eine persönliche Erklärung abgegeben. Diese finden Sie im Plenarprotokoll ( http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/17/17250.pdf ) auf der laufenden Seite 32334 (S. 494 des Pdf-Dokuments) als Anlage 18.
Auch im Bürgerprogramm 2013, dem Wahlprogramm der FDP, bekennen wir uns zur Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften mit der Ehe – auch explizit bei Adoptionen. Denn für uns Liberale sind alle Lebensgemeinschaften gleich wertvoll, in denen Menschen Verantwortung füreinander übernehmen.
Um gesellschaftliche Diskriminierung gegenüber Lesben und Schwulen abzubauen, setzen wir vorrangig auf Bildung und Aufklärung statt auf bürokratische Antidiskriminierungsgesetze. Deshalb wollen wir die gute Arbeit der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld weiter stärken und das Stiftungskapital erhöhen. Homosexuelle, die in Deutschland nach § 175 des Strafgesetzbuches verurteilt und damit Opfer staatlicher Diskriminierung geworden sind, wollen wir rehabilitieren und in angemessener Weise entschädigen.
Das Bürgerprogramm der FDP, in dem Sie unsere Vorhaben nachlesen können, finden Sie hier: http://www.fdp.de/files/408/B_rgerprogramm_A5_Online_2013-07-23.pdf .
Mit besten Grüßen
Marco Buschmann MdB