Frage an Marco Buschmann von Lutz L. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Buschmann,
ihre Partei steht programmatisch traditionell für Bürger- und Freiheitsrechte und stellt die aktuelle Justizministerin. Ich habe mit Aufmerksamkeit die Beratungen zum (gemeinsamen) Sorgerecht für Nichtverheiratete verfolgt. Mir ist dabei aufgefallen, dass in der Debatte die realen Zustände in der Justiz (auch im Familienrecht) von keiner Seite angesprochen wurden. Viele Abgeordnete sind Juristen und sollten Einblick haben. Klar ist, dass im wahren Leben zum Teil gegensätzliche Interessen zu verhandeln und schwierige Entscheidungen zu treffen sind. Um überhaupt eine Basis für angemessene Entscheidungen zu haben, bedarf es meiner Meinung nach zunächst der Sicherstellung gleicher Rechte der Betroffenen, des Rechtswegs und Transparenz.
Selbst dann kommt es zu unbefriedigenden Ergebnissen. Die Betroffenen haben jedoch die Möglichkeit sich zu reflektieren, den weiteren Rechtsweg zu erwägen oder andere Wege für die Zukunft zu finden. Nach meinen Erfahrungen wird dies leider durch die Arbeitsweise vieler Richter / Gerichte ausgeschlossen. Vorbestimmte Verfahrensläufe, inhaltsleere Protokolle, Einbinden der Anwälte in ein informelles Drehbuch sind scheinbar üblich. Alle spielen mit und verdienen, insbesondere der Intrigante profitiert von diesen Gepflogenheiten. Als Beteiligter fühlt man sich betrogen, beschmutzt und ohnmächtig. Wer sich wehrt, wird mit formalen Tricks und Ignoranz abgewehrt. Diese Szenarien werden nicht nur von Betroffenen berichtet. Anwälte sehen Rechtmittel, Rechtsbehelfe und andere Einwendungen oft als sinnlos an. Ist das ein Thema im Bundestag?
Mit freundlichen Grüssen
Lutz Lippke
Sehr geehrter Herr Lippke
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 19. Juni 2013.
Die von Ihnen angesprochenen Punkte sind regelmäßig Thema im Deutschen Bundestag. Ich stimme vollkommen mit Ihnen überein, dass alle Bürgerinnen und Bürger die gleichen Rechte haben müssen und dass allen das Beschreiten des Rechtsweges offen stehen muss.
Vor diesem Hintergrund hat die FDP-Bundestagsfraktion in dieser Legislaturperiode eine Reihe wichtiger Maßnahmen im Bereich der Rechtspolitk durchgesetzt.
Das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren sieht vor, für überlange Gerichtsverfahren einen Entschädigungsanspruch einzuführen. Wird das Recht auf angemessene Verfahrensdauer verletzt, werden dem Betroffenen die daraus resultierenden materiellen und immateriellen Nachteile ersetzt. Die Entschädigungsansprüche wegen Überlänge eines Gerichtsverfahrens können jedoch nur geltend gemacht werden, wenn der Betroffene gegenüber dem Gericht die Verfahrensdauer gerügt hat. Der Entschädigungsanspruch erstreckt sich auf alle gerichtlichen Verfahren und auf das Verfahren zur Vorbereitung der öffentlichen Klage im Strafverfahren.
Ebenfalls hinweisen möchte ich auf das Gesetz zur Änderung des § 522 der Zivilprozessordnung. Für Zurückweisungsbeschlüsse mit einer Beschwer über 20 000 Euro haben wir das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde eingeführt. Damit sind Zurückweisungsbeschlüsse in gleicher Weise anfechtbar wie Berufungsurteile.
In der letzten Sitzungswoche vor der parlamentarischen Sommerpause ist es uns überdies noch gelungen, den Rechtsstaat finanziell zu stärken. Denn im Vermittlungsausschuss haben sich Bundestag und Bundesrat zum Kostenrechtsmodernisierungsgesetz und zur Prozesskostenhilfe geeinigt. Die Einigung von Bund und Ländern ist gut für den deutschen Rechtsstaat. Sie sichert den Zugang sozial schwacher Menschen zum Recht. Denn die Länder haben akzeptiert, dass die christlich-liberale Koalition nicht dem Wunsch nach einer massiven Beschneidung der Prozess- und Beratungskostenhilfe gefolgt ist. Zugleich enthält das Paket Maßnahmen, um die Arbeit von Gerichten und Staatsanwaltschaften in den Ländern auf ein finanziell solides Fundament zu stellen.
Auch im FDP-Wahlprogramm für die anstehende Bundestagswahl haben wir deutlich gemacht, dass für den liberalen Rechtsstaat eine leistungsfähige und unabhängige Justiz unentbehrlich ist. Zur Stärkung der Selbstverwaltung der Justiz fordern wir darin, das externe Weisungsrecht der Landesjustizverwaltung gegenüber den Staatsanwaltschaften abzuschaffen, um jeden Anschein einer politischen Beeinflussung der Justiz vorzubeugen. Darüber hinaus sprechen wir uns für die Notwendigkeit einer Verkürzung der Verfahrensdauer vor den Gerichten aus.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen damit verdeutlichen, dass die von Ihnen angesprochene Problematik in den Beratungen im Deutschen Bundestag präsent ist.
Mit besten Grüßen
Marco Buschmann MdB