Frage an Marco Buschmann von Stephan L. bezüglich Recht
Sehr geehrter Hr. Buschmann,
die Bundesrepublik hat am neunten Dezember 2003 die UN Konvention gegen Korruption (kurz: UNCAC) unterzeichnet. Stand jetzt haben diese Konvention 148 Länder bereits ratifiziert. Deutschland indes nicht. Für eine Ratifizierung hier müsste wohl der § 108e StGB (die Abgeordnetenbestechung) verschärft werden. Es scheint dem Bundestag nicht daran gelegen zu sein, dies zu tun- schließlich sind seit der Unterzeichnung mehr als sieben Jahre vergangen.
Laut Tranperency International e.V. aber ist die Bestechlichkeit von Abgeordneten, neben der Korruption im Baugewerbe, das massivste Problem von Korruption in Deutschland. Bei aller Zurückhaltung scheint ein Handeln also doch geboten. Daher meine Frage: Bleibt es bei der bloßen Absichtserklärung von vor über sieben Jahre oder darf man noch hoffen, dass es zu einer Ratifizierung kommt?
Das es 2007 bereits zu einer Gesetzesinitiative kam, die dann aber aufgrund der Diskontinuität (was allerdings schwer nachvollziehbar ist, da die Bundestagswahl erst knapp zwei Jahre später stattfand) nicht verabschiedet wurde, weiß ich bereits. Klarheit darüber zu erhalten, weshalb innerhalb von zwei Jahren ein solches Gesetzgebungsverfahren nicht beraten und verabschiedet wurde, habe ich aufgegeben. Die Frage also lautet: Regt die FDP-Fraktion diesbezüglich etwas an? Bringt sie bzw. Sie eine entsprechende Antwort ein?
Anbei sende ich ihnen einen Link mit einer Weltkarte. Hierrauf sind jene Länder, die die Konvention auch bereits ratifiziert haben rot eingezeichnet, solche, die diese bloß unterzeichnet haben blau. Sie werden feststellen, dass sich die Bundesrepublik diesbezüglich nicht in allerbester Gesellschaft befindet.
Viele Grüße und vorab Dankeschön
SL
Sehr geehrter Herr Lieser,
vielen Dank für Ihre Frage vom 15. Februar 2011.
Ich kann Ihre Forderung der Umsetzung des UN-Abkommens gegen Korruption (UNCAC) und der Verschärfung der Normen zur Abgeordnetenbestechung nachvollziehen. Allerdings muss man die rechtstechnischen Möglichkeiten der Umsetzung bedenken. In diesem Zusammenhang waren die bisherigen Vorschläge zur Verschärfung des § 108 e StGB nicht sachdienlich. Dies möchte ich Ihnen gerne näher erläutern:
Frei gewählte Abgeordnete können nicht mit Beamten gleichgestellt werden. Für Abgeordnete existiert im Gegensatz zu Beamten kein klarer Pflichtenkreis. Das Grundgesetz bestimmt für die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, dass sie Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen sind (Art. 38 GG). Das Grundgesetz garantiert den Abgeordneten die Freiheit des Mandats. Der Abgeordnete kann und darf laut Verfassung im Gegensatz zu Beamten auch einseitig Interessen vertreten. So vertreten etwa zahlreiche ehemalige Gewerkschaftssekretäre im Deutschen Bundestag Gewerkschaftspositionen. Das ist ihr grundgesetzlich verbrieftes Recht.
Daher muss bei der Ratifizierung des UN-Abkommens mit aller Sorgfalt vorgegangen werden, um nicht am Ende die Freiheit des Mandats zu gefährden und eine „Quasi-Verbeamtung“ der Abgeordneten den Weg zu ebnen.
Bei der strafrechtlich bewährten Verpflichtung auf das Gemeinwohl kommt ein weiteres Problem hinzu. Das Gemeinwohl ist nach meiner Auffassung ein Ideal, aber kein Begriff der von vornherein feststeht. Ich vertrete vielmehr einen pluralistischen Gemeinwohlbegriff. Das Gemeinwohl ergibt sich somit durch das Ausbalancieren verschiedener Interessen. Dieser Ausbalancierungsprozess findet im Parlament statt. Im Rahmen dieses Prozesses ist es nötig, dass die Abgeordneten mit ihren vielfältigen Lebenshintergründen ihre ganz unterschiedlichen Sichtweisen einbringen und vertreten können. So wird ein Prozess in Gang gesetzt, wodurch scheinbare Partikularinteressen durch ihren gegenseitigen Ausgleich das Gemeinwohl formen. Es wäre also gefährlich, Abgeordnete den gleichen Maßgaben zu unterwerfen, wie sie für Beamte gelten. Letztere setzen das aus dem beschriebenen Ausbalancierungsprozess hervorgegangene Gemeinwohl um, während die Abgeordneten es mit formen.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort weitergeholfen zu haben.
Mit besten Grüßen
Marco Buschmann MdB