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Frage von Philip G. •

Frage an Marco Bülow von Philip G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Bülow
Was für Vorschläge haben Sie Menschen mit subsidiären Schutz dabei zu unterstützen, in ihrer Heimat zusammen mit ihren Familien eine freiere Gesellschaft aufzubauen? Ein Familiennachzug wäre dann nicht mehr vonnöten und das ganze ein Gewinn für alle Seiten.
Vielen Dank und alles Gute für das neue Jahr

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Antwort von
Die PARTEI

Sehr geehrter Herr G.,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Das Thema, das sie ansprechen, ist sehr wichtig, aber natürlich auch sehr umfassend. Auf Ihre Frage gibt es daher keine kurze und einfache Antwort. Nachfolgend versuche ich dennoch gerne Ihnen meine Ideen und meine Haltung zu skizzieren.

Zunächst einmal ist es mir wichtig festzuhalten, dass Menschen sehr verschiedene Gründe haben, warum sie ihre Heimat verlassen und in den meisten Fällen geschieht dies nicht freiwillig. Mangelnde Freiheiten und Perspektiven können ein Grund sein.

Deutschland kann Gesellschaften in anderen Ländern in der Tat stärker unterstützen – dafür müssen wir mehr Geld in die Hand nehmen. Die reicheren Länder der internationalen Gemeinschaft haben sich verpflichtet, 0,7% des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben (ODA-Quote). Tatsächlich hält Deutschland seine Versprechen aber nicht ein, sondern kommt 2015 auf gerade einmal 0,52%. Und das, obwohl wir so ein reiches Land sind und unsere Wirtschaft erfolgreich wächst. Dabei können mit mehr Engagement vor Ort wichtige Projekte, zivilgesellschaftliche Initiativen oder Ausbildungsprogramme, unterstützt werden. Ich setze mich daher dafür ein, dass wir unsere Anstrengungen in der Entwicklungszusammenarbeit massiv verstärken.

Des Weiteren müssen wir über unsere Rüstungspolitik reden. Speziell sprechen Sie die Menschen an, die in Deutschland subsidiären Schutz bekommen. Das betraf 2017 ca. 98.100 Menschen (2016: 153.700) – viele von ihnen kommen aus Ländern, in den gewaltsame Konflikte toben und in denen ein friedliches Leben kaum möglich ist. Wer Waffen und Rüstung exportiert, trägt zur Befeuerung von gewaltsamen Konflikten bei. Deutschland ist immer noch fünftgrößter Waffenexporteuer der Welt. Obwohl bekannt ist, was deutsche Waffen im Ausland anrichten, will die Bundesregierung den Verteidigungsetat sogar massiv vergrößern. Ich halte das für grundlegend falsch und spreche mich dafür aus, die Rüstungsexporte ganz entscheidend zu reduzieren.

Genauso wichtig ist es, dass wir in Zukunft fairen Handel fördern. Unsere aktuelle Handelspolitik geht in vielerlei Hinsicht zu Lasten der ärmeren Länder. Wir dürfen nicht so handeln, dass die lokale Entwicklung behindert wird und es nur darum geht, rücksichtslos unseren Profit zu maximieren. Die reicheren Länder haben den globalen Süden zuletzt lediglich als Absatzmarkt gesehen. Kredite wurden an Bedingungen wie Privatisierung, Zollabbau oder Förderung ausländischer Privatinvestitionen geknüpft. Wir überfluten den heimischen Markt mit unseren subventionierten und dadurch günstigen Produkten, teilweise sogar mit unseren Abfällen. Lokale Betriebe können da nicht mithalten. Das führt in diesen Ländern zum Abbau von Produktionskapazitäten, Menschen werden arbeitslos. Dass nun in Handelsverträgen wie z.B. TTIP Konzernen auch noch das Recht gegeben werden soll, ihre Interessen gerichtlich gegen Regierungen durchzusetzen, ist fatal. In unserer Handelspolitik müssen wir darauf achten, den ärmeren Ländern auf Augenhöhe zu begegnen und Rücksicht auf ihre Entwicklungsmöglichkeiten zu nehmen. Die EU-Handelspolitik müsste sich mehr an den Bedürfnissen des globalen Südens orientieren.

Nicht zuletzt müssen wir uns ehrlich machen, dass unser Verhalten auch immer Konsequenzen auf andere Länder hat, die dort zu massiven Missständen führen. Wer mit Nahrungsmittelspekulationen sein Geld verdient, trägt Mitschuld an Hungerkatastrophen. Wer keine Anstrengungen für den Klimaschutz unternimmt, billigt, dass Menschen durch Klimakatastrophen und Ernteausfälle leiden. Wer von Unternehmen keine Einhaltung ethischer Standards in der gesamten Lieferkette fordert, tut nichts gegen menschenunwürdige Produktionsbedingungen. Wir müssen also auch insgesamt viel selbstkritischer sein und höhere moralische Ziele verfolgen – auch wenn man sich dafür mit den Mächtigen anlegen muss oder es unbequem ist.

Aber selbst, wenn all die von mir vorgeschlagenen Maßnahmen sofort umgesetzt würden, hieße dies nicht, dass sich die Situation in den entsprechenden Ländern sofort verändern würde und Menschen einfach so zurückkehren können. Daher wird all das den Familiennachzug trotzdem nicht überflüssig machen. Ich denke wir müssen anerkennen, dass viele Menschen mit subsidiärem Schutz eine lange Zeit in Deutschland bleiben werden und diesen Menschen hier auch eine Perspektive geben.

Ich hoffe ich konnte Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen. Viele weitere Informationen finden Sie auf meiner Internetseite www.marco-buelow.de .

Mit freundlichen Grüßen
Marco Bülow