Wie möchten Sie soziale Gerechtigkeit mit effizienten Klimaschutz vereinbaren?
Hallo Herr B.
eine Hoffnung für soziale Gerechtigkeit ist, dass arme Menschen die mehr Geld verdienen auch mehr konsumieren werden. Das wäre sicher gut für die Wirtschaft, mehr Konsum würde aber auch zu mehr Co2 Emmisionen führen. Nicht nur soziale Politik in Deutschland, auch effiziente Entwicklungshilfe in anderen Ländern steht vor einem ähnlichen Dilemma. Wie möchten Sie mit diesem Spannungsfeld umgehen?
Sehr geehrter Herr W.,
vielen Dank für Ihre Frage zu sozial gerechtem Klimaschutz.
Ihre relativ kurze Frage zielt auf ein sehr komplexes Problem ab, zu dem es keine kurzen, einfachen Antworten gibt. Das liegt allein daran, dass zur effizienten Bekämpfung der Klimakatastrophe eine Vielzahl von Maßnahmen gleichzeitig ergriffen werden muss. Alle diese Maßnahmen müssen immer auch auf ihre Auswirkungen auf die ökonomisch schlechter gestellten Gruppen überprüft werden. Seit ich Umweltpolitik mache, habe ich immer versucht, die ökologische und die soziale Frage zu verknüpfen. Das Soziale und das Ökologische wird nämlich gerne gegeneinander ausgespielt. Gerade in der Klimafrage ist es sehr offensichtlich, dass, wenn man nichts tut oder Klimaschutzmaßnahmen ausbremst, die Folgekosten am Ende viel größer werden als die Transformationskosten. Das hat der ehemalige Weltbank-Chefökonom Nicholas Stern schon 2006 vorgerechnet. Das bedeutet, dass ärmere Menschen bei unterlassenem Klimaschutz in Zukunft mehr zur Kasse gebeten werden, um die Folgekosten zu decken und zugleich wird es weniger Geld für sozial stützende Maßnahmen geben. Arme Menschen - global als auch national gesehen - leiden sowieso viel stärker unter der Klimakatastrophe als wohlhabendere.
Schon jetzt wäre sehr viel Geld da, um Klimaschutzmaßnahmen sozial zu gestalten. Wir geben jedes Jahr Milliarden für umwelt- und klimaschädliche Subventionen und Vergünstigungen aus. Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) hat im Auftrag von Greenpeace in diesem Jahr eine Studie erstellt, in der es vorschlägt, zehn klimaschädliche Subventionen sozial gerecht abzubauen. Dies allein bringt 46 Milliarden Euro. Geld, von dem bisher vor allem die Reichen profitiert haben.
Zu dem von Ihnen genannten Konsum: Die Produktion, der Transport und der Vertrieb von Konsumgütern muss ohnehin umwelt- und klimafreundlich gestaltet werden, wenn wir Klimaschutz ernst meinen. Umso früher das getan wird, umso kostengünstiger wird es mittel- und langfristig.
Bitte haben Sie Verständnis, dass ich aufgrund der derzeitigen engen Terminlage nicht ausführlicher antworten kann. Ich hoffe, Ihnen trotzdem mit der Antwort weitergeholfen zu haben.
Mit solidarischen Grüßen
Marco Bülow