Frage an Marco Bülow von Jens N. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Bülow,
immer mehr Menschen sind insgesamt enttäuscht über die politische Lage. Wir können als Bürger zwar wählen, müssen aber feststellen, dass vieles nicht wirklich im Sinne der Bürger entschieden wird. Es besteht keine rechte Einflussmöglichkeit.
Wenn ich als Arzt Menschen helfe, indem ich Krankengymnastik verschreibe und Patienten sorgfältig medikamentös behandle, dann stehe beständig unter der Androhung eines Regresses und muss mich rechtfertigen und beweisen, dass ich nicht unwirtschaftlich gehandelt habe. Leider habe ich schon Strafen (Regresse) zahlen müssen, dafür dass ich Patienten geholfen habe.
Wenn gleiches Recht für alle gilt, dann sollten transparent und gewissenhaft handelnde Politiker sich nicht davor scheuen, ebenfalls Rechenschaft abzulegen, für das was sie tun und entscheiden. Darüber hinaus sollten faire Politiker auch bereit sein, persönlich für ihr Handeln zu haften wie wir Ärzte. Wir Ärzte stehen unter ständigem Zeitdruck und schnellem Handlungszwang und doch werden wir zunehmend in die Haftung genommen für unseren Dienst am Menschen. Immer häufiger müssen wir uns für unser Tun rechtfertigen, denn die Kontrollzugriffe vor allem durch Krankenkassen nehmen zu.
Krankenkassen erhalten mehr Rechte, aktuell wurden die Patientenrechte gestärkt. Wer fragt nach den Rechten für Ärzte? Wer will unter diesen Bedingungen noch Hausarzt werden?
Nun möchte ich Sie fragen: was spricht dagegen, gleiches Recht für alle zu schaffen?
Meiner Meinung nach benötigt es über die Wahlen hinaus dringend eine unabhängige Kommission, welche die Glaubwürdigkeit und Arbeitsqualität der Politiker überprüft. Ein guter und gewissenhafter Politiker braucht sich davor nicht zu scheuen, im Gegenteil er wird glaubhafter, wenn er sich einer Qualitätsprüfung stellt. In der Schule läuft es nicht ohne Lehrer, in der Arbeit nicht ohne Chef, gegenüber dem eine Rechenschaftspflicht steht. Welchen Chef haben die Politiker?
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Neidert
Sehr geehrter Herr Neidert,
zunächst vielen Dank für Ihre Anfrage. Bitte entschuldigen Sie, dass die Beantwortung aufgrund des erhöhten Arbeitsaufkommen in den letzten Wochen ein wenig länger gedauert hat. Nachfolgend möchte ich gerne auf Ihre Frage antworten:
Als gewählte Abgeordnete sind wir dem Volk Rechenschaft schuldig – da gebe ich Ihnen vollkommen Recht. Ich glaube aber nicht, dass es zielführend sein kann, die Arbeit der Parlamentarier einer ständigen Qualitätskontrolle zu unterziehen. Gesetze können, auch wenn man sie sehr gewissenhaft anfertigt, immer handwerkliche Fehler enthalten. Deswegen werden erlassene Gesetze ja auch evaluiert. Entscheidend ist, dass die Politik in der Lage ist, dann darauf zu reagieren und einmal gemachte Fehler zu korrigieren. Der Chef der Politiker ist das Volk. Der Politiker kann zwar – nur in Ausnahmefällen – nicht entlassen werden, aber er muss sich jedes mal neu aufstellen lassen und bewerben. Die Partei und die Bürgerinnen und Bürger können dann entscheiden, ob der-/diejenige dann weitermachen kann.
Daneben halte ich es aber auch für besonders wichtig, dass Abgeordnete zu mehr Transparenz verpflichtet werden. Ich bin der Auffassung, dass unsere Wählerinnen und Wähler ein Recht darauf haben zu erfahren, wie viel wir verdienen, welche Nebentätigkeiten wir ausüben, wohin wir warum reisen und welche Lobby-Termine wir wahrnehmen. Ich veröffentliche all diese Angaben und regelmäßige Rechenschafts- und Tätigkeitsberichte auf meiner Internetseite und setzte mich auch schon lange für eine größere Transparenz im Bundestag ein.
Vor kurzem habe ich einen Verhaltenskodex für Abgeordnete mit initiiert, mit dem sich Parlamentarier selbst zu größerer Transparenz und zu weitergehenden Verhaltensregeln als denen, die es bereits gibt, verpflichten können. Weitere Informationen zum Kodex sind auf meiner Internetseite zu finden: http://www.marco-buelow.de/demokratie-transparenz/transparenz-abgeordnetenkodex.html .
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen.
Mit freundlichen Grüßen
Marco Bülow