Frage an Marco Bülow von Roland S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Bülow,
als Mitglied der Organisation PRO ASYL interessiert mich besonders, wie Sie und Ihre Partei zukünftig die Flüchtlingspolitik gestalten wollen. Hier liegen mir besonders die Menschen am Herzen,die als Asylbewerber nicht anerkannt sind, aber "geduldet" werden. 60000 Menschen sind seit über 6 Jahren in Deutschland und müssen ein Leben ohne Perspektive führen. Viele leben in lagern und müssen sich von Essenspaketen ernähren. Von ausreichender medizinischer Versorgung sind sie ausgeschlossen. Geduldete dürfen sich nicht frei bewegen. Sie dürfen nicht arbeiten, geschweige denn eine Ausbildung machen. Ich finde, das ist eine menschenunwürdige Behandlung.
Wie stehen Sie und Ihre Partei zu folgenden Forderungen:
- Der Zwang in Lagern zu leben und das Asylbewerberleistungsgesetz müssen angeschafft werden.
- Die Praxis der Kettenduldungen muss beendet werden.
- Langjährig Geduldete und Menschen, die zurr Zeit nur befristet bleibeberechtigt sind, erhalten ein gesichertes Aufenthaltsrecht und eine Lebensperspektive.
Meine Entscheidung zur Bundestagswahl hängt in nicht geringem Maße von Ihrer Antwort ab.
Mit freundlichem Gruß
R.Schröter-Liederwald
Sehr geehrter Herr Schröter-Liederwald,
zunächst vielen Dank für Ihre Frage vom 6.09.2009 zum Thema
Flüchtlingspolitik.
Als Umweltpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagfraktion liegt mein Arbeitsschwerpunkt im Bereich Umwelt und Energiepolitik. Die Abgeordneten haben sich auf die verschiedenen Themenbereiche aufgeteilt, weil sonst eine sachverständige Diskussion und politische Arbeit nicht zu gewährleisten ist. Ich habe mich daher mit Ihrem detaillierten Anliegen an die Fachexperten der SPD-Arbeitsgruppe Inneres gewandt und möchte Ihnen nachfolgend die Position der SPD darlegen:
Viele Migrantinnen und Migranten leben in Deutschland Jahr um Jahr in der sogenannten Kettenduldung. Immer wieder wird die Duldung verlängert, weil die Abschiebungshindernisse fortbestehen. Im Zuwanderungsgesetz 2002 sollte der Status der Duldung abgeschafft werden. Die Unionsmehrheit im Bundesrat hat dies verhindert.
2006 und 2007 wurden Altfallregelungen geschaffen. Menschen die sechs (mit Familie) oder acht (Alleinstehende) Jahre geduldet hier gewesen waren, sollten eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Es war unser Anliegen, vor allem den Familien, die hier geborene und aufwachsende Kinder haben, eine Perspektive zu eröffnen. Die Altfallregelungen waren ein Erfolg: Es konnte rund 50.000 der etwa 180.000 Geduldeten geholfen werden. Doch bleibt das Problem der Kettenduldung für viele bestehen. Nach wie vor bedarf es einer neuen Regelung, um Menschen, die lange hier leben, eine Perspektive zu eröffnen.
Fast 27.000 der von der Altfallregelung erfassten Menschen haben aktuell eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis auf Probe: Sie erhalten den Titel, obwohl sie ihren Unterhalt noch nicht überwiegend selbst bestreiten können. Diese Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis gilt bis Ende Dezember 2009. Die Betroffenen sollen sich in dieser Zeit eine Arbeit suchen. Danach soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn sie ihren Lebensunterhalt überwiegend eigenständig sichern können. Ob dies alle schaffen werden, ist angesichts der Wirtschaftskrise derzeit offen. Die SPD hat sich deshalb intensiv dafür eingesetzt, die Geltungsdauer um weitere zwei Jahre zu verlängern, konnte sich gegen die Union nicht durchsetzen. Die SPD wird dies Ziel aber nach der Bundestagswahl weiter verfolgen.
Im Übrigen gilt die Aussage aus dem Regierungsprogramm der SPD zur Bundestagswahl 2009: "Kettenduldungen vermeiden. Mit dem rot-grünen Zuwanderungsgesetz wurde die Duldung zwar nicht gänzlich abgeschafft, aber für Geduldete der erste Schritt für den Übergang in einen gesicherten humanitären Aufenthalt gemacht. Ergänzt wurden die Regelungen zum humanitären Aufenthalt mit der erfolgreichen Bleiberechtsregelung 2007. Wir setzen uns für die Abschaffung der Kettenduldungen ein -- kann der Aufenthalt aus humanitären Gründen nicht beendet werden, soll ein Aufenthaltstitel erteilt werden."
Bis dahin wird sich die SPD dafür einsetzen, dass die Lebensbedingungen von Flüchtlingen im Duldungsstatus verbessert werden, d.h. wo vorhanden die Abschaffung der Residenzpflicht, der Arbeitsverbote und die Schließung aller Lager und Heime.
Die Verbesserung der Lebensbedingungen von Geduldeten war schon in der vergangenen Legislatur ein Anliegen der SPD. So haben wir erreicht, dass Geduldete nunmehr nach vier Jahren einen Anspruch auf eine Arbeitserlaubnis haben. Bereits nach einem Jahr können sie eine Arbeitserlaubnis bekommen, sofern die Stelle nicht mit einem Deutschen oder EU-Bürger besetzt werden kann.
Die Residenzpflicht sowie die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften bedürfen, gerade angesichts gesunkener Asylbewerberzahlen, einer erneuten Diskussion.
Ich hoffe ich konnte Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen.
Viele weitere Informationen zu meinen Positionen zur Bundestagswahl
finden Sie auch auf meiner Wahlkampfhomepage http://www.buelow-bleibt.de .
Mit freundlichen Grüßen
Marco Bülow