Frage an Marco Bülow von Andreas G. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Bülow,
bezugnehmend auf die Ihre Antwort an Herrn G., möchte ich feststellen, dass die Ihnen vorliegenden Zahlen absolut unbrauchbar sind. Dies hätten Sie, Wochen vor der Abstimmung, in diversen Medien nachschlagen können (bspw. Heise Online oder Netzpolitik.org). Der AK-Zensur hat in verschiedenen Aktionen darlegen können, dass die von Fr. v. d. Leyen genannten Zahlen nicht represäntativ sind.
Weiterhin möchte ich Ihnen mitteilen, dass das Gesetz, welchem Sie zugestimmt haben, gegen das Grundgesetz verstößt:
Art. 5 Abs. 1:
"Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemeinen zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.
"[...] Eine Zensur findet nicht statt"
Dies ist nicht der einzige Berührungspunkt mit dem GG. Durch die Kompetenzverschiebung in der rechtsstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, der Transfer judikativer Rechte der Bundesländer, an die bundespolizeilichen Institutionen, verstoßen augenscheinlich gegen Art. 79 Abs. 3:
"Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung [...] berührt werden, ist unzulässig."
Juristen und andere Experten haben diese Bedenken den Abgeordneten vorgelegt.
Meine Fragen lauten:
Welche Achtung genießt Ihrer Meinung nach das Grundgesetz im deutschen Bundestag, wenn die Abgeordneten im Bundestag sich darüber hinwegsetzen und im Bundesrat, einer Kontrollinstanz, gerade einmal 3 Minuten über diese heikle Thema geredet wird?
Erkennen Sie durch die derzeitige, parlamentarische Arbeit einiger MdBs und Minister, eine Gefährdung der demokratischen Grundrechte?
Glauben Sie, dass durch Angriffe auf das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, durch innere Kräfte, die sich über das Volk hinwegsetzen, der Widerstandsfall nach Art. 20 Abs. 1-4 eintreten kann?
Mit freundlichen Grüßen,
Andreas Girlich
Sehr geehrter Herr Girlich,
zunächst vielen Dank für Ihre Anfrage vom 15.07.2009.
lassen Sie mich gleich am Anfang klarstellen, dass ich mir meiner Verantwortung gegenüber dem deutschen Grundgesetz, die ich als Abgeordneter des Deutschen Bundestages trage, absolut bewusst bin. Ich denke, dass die meisten Parlamentarier versuchen durch ihr Handeln das Grundgesetz und die darin enthaltenen Grundrechte zu stärken und nicht sie in Frage zu stellen. Mit dem nun beschlossenen „Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen“ geht es daher - trotz all seiner Schwächen - mit Sicherheit nicht um einen „Angriff auf das Grundgesetz“.
Wie ich in anderen Antworten zu dem Thema schon dargelegt habe, habe ich mich nach reiflicher Überlegung dazu entschieden für das „Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen“ zu stimmen. Ich möchte noch mal betonen, dass diese Abstimmung eine der schwierigsten Entscheidungen in dieser Legislaturperiode für mich war. Ganz klar ist, dass ich eine Ausweitung der Sperr-Infrastruktur auf andere Bereiche als den der Kinderpornographie - wie von einigen Unions-Abgeordneten bereits gefordert - mit aller Entschiedenheit ablehne.
Ich möchte noch sagen, dass nach meinem Eindruck während der Entscheidungsphase auch eine Mehrheit der Bevölkerung für dieses Gesetz war. Allerdings ist mir ebenfalls bewusst, dass viele der Hintergründe in der Öffentlichkeit nicht ausreichend diskutiert wurden und bei einigen Beteiligten eher Halbwissen als wirkliche Sachkunde vorherrschte.
Für die Zukunft würde ich mir wünschen, dass wir die Debatte über die Themen Internet und Medienkompetenz innerhalb der SPD verstärken und dabei auch die Internet-Community einbinden.
Mit freundlichen Grüßen
Marco Bülow