Frage an Marc Jongen von Jan S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Dr. Jongen,
Ihre befürwortende Antwort auf die Frage, ob schlechtere Bezahlung für Leiharbeiter angemessen ist, begründen sie wie folgt:
"Der Missstand besteht nicht darin, dass Leiharbeiter weniger verdienen, sondern dass ein viel zu hoher Prozentsatz der Angestellten über Leiharbeit beschäftigt ist. Leiharbeit ist zur Bewältigung einer kurzfristig erhöhten Auftragslage da, nicht um reguläre Arbeitsverhältnisse dauerhaft zu ersetzen."
Ich begrüße es, dass sie diese Frage als einziger mit Erwägungen über die Marktsituation des Unternehmens begründen. Leiharbeit ist sinnvoll um unternehmensfremde Aufgaben und kurzzeitige Auftragsspitzen aufzufangen. Ich verstehe jedoch nicht, wieso Sie es deshalb akzeptieren können, dass Leiharbeiter weniger verdienen als die Stammbelegschaft. Anhand ihrer Argumentation müsste der Umstand der besonderen Flexibilität doch einen besonderen Wert haben. Dieser Wert müsste sich doch darin äußern, dass Leiharbeiter sogar deutlich teurer für ein Unternehmen sein müssten.
Auch gesellschaftlich ist das Risiko bei Leiharbeit deutlich höher, dass die Sozialkassen belastet werden. Wäre es dann nicht sinnvoll, um die Flexibilität zu belohnen, dass das Unternehmen diese auch besonders vergütet? Wäre es gesellschaftlich nicht sinnvoll, dass dieses Unternehmen auch einen deutlich größeren Beitrag an die Sozialversicherungen abführt?
Sehr geehrter Herr Sauerwein,
es freut mich, dass die Pointe meiner Antwort offenbar verstanden wird. Mit meiner etwas provozierenden Zustimmung zu These 11 wollte ich auf den Umstand aufmerksam machen, dass die darin enthaltene Frage falsch - oder schief - gestellt ist. Das Problem ist nicht (nur) die zu niedrige Bezahlung für Leiharbeit, das Problem ist vor allen Dingen die immer größere Ausdehnung dieses ganzen Sektors selbst.
Nun haben Sie natürlich recht damit, dass es nur gerecht wäre, wenn Leiharbeiter - sozusagen als Ausgleichsprämie für ihre höhere Flexibilität - ein höheres Gehalt beziehen würden als die Festangestellten. Mit meiner Antwort wollte ich jedoch zum Ausdruck bringen, dass wir nicht auf dem Weg verbesserter Gehaltsregelungen für Leiharbeit diese nur immer weiter im System verfestigen sollten. Der Nachteil der sehr viel leichteren Kündbarkeit bliebe ja in jedem Fall für die Betroffenen erhalten, ebenso der dadurch entstehende Druck auf die Stammbelegschaft.
Vielmehr sollte die Gesundschrumpfung des Leiharbeitssektors m.E. über gesetzliche Rahmenbedingungen erfolgen, die Unternehmen zwingt, dauerhaft beschäftigte Mitarbeiter auch mit regulären Arbeitsverträgen auszustatten. Wenn dies gewährleistet ist, so meine Hoffnung und Prognose, dann würden auf dem nunmehr deutlich kleineren Markt für Leiharbeit die Preise für selbige ganz von selbst wieder steigen. Nur wenn die Lohnunterschiede - was ich nicht glaube - dann immer noch so groß wären, dass soziale Schieflagen entstünden, müsste der Gesetzgeber durch die Festlegung von Lohnuntergrenzen erneut nachsteuern.
Mit besten Grüßen
Marc Jongen