Gibt es guten und schlechten Lobbyismus für Sie / die ÖDP?
Sehr geehrte Frau Ripa,
zahlreiche Lobbyverbände und Unternehmen investieren viele Millionen Euro für Lobbyarbeit in Brüssel.
Macht es für Sie einen Unterschied für welchen Zweck / unternehmerisches Ziel ein Verband Lobbyarbeit betreibt, oder sollten Unternehmen generell keinen Einfluss auf die Politik ausüben (können)?
Konkret: Ist Lobbyismus für Recycling, Solarenergie und Wasserstoff guter Lobbyismus und Lobbyismus für Petrochemie, Rüstungsindustie und Nahrungsmittelgiganten schlechter Lobbyismus?
Ich danke Ihnen im Voraus für Ihre Zeit und Ihre Antwort!
Sehr geehrter Herr E.
vielen Dank für Ihre Frage.
Lobby-Arbeit an sich ist völlig legitim – politische Akteure sind z. T. darauf angewiesen, dass sich organisierte Interessenvertreter an sie wenden. Problematisch wird es erst, wenn die Einflusschancen auf politische Arbeit extrem ungleich verteilt sind (beispielsweise zwischen den Erzeugern von Umweltschäden und Umweltschützern) bzw. wenn die Einflussnahme intransparent ist. Von illegalen Formen der Einflussnahme wie Bestechung mal ganz abgesehen.
Inzwischen haben sich auch die "Gegengewichte" zur Wirtschaftslobby, etwa Umwelt- und Verbraucherverbände, professionalisiert, ebenso wie Organisationen, die sich für Transparenz einsetzen – wie Transparency International oder Lobbycontrol.
Das ist auch gut so: Non-Profit-Organisationen geben wichtige Impulse für die demokratische Entwicklung einer Gesellschaft. Von Antidiskriminierung über Gleichberechtigung bis hin zum Klimaschutz, die Organisationen vertreten die "gute Sache", nämlich zivilgesellschaftliche Anliegen.
Die wichtigste Unterscheidung zwischen klassischen (Wirtschafts-)Lobbyisten und der Interessenvertretung von NGOs liegt darin, dass letztere keine Profitinteressen haben (dürfen). Daraus ergibt sich aber auch klar ihr Nachteil: Sie haben meist viel geringere finanzielle und personelle Ressourcen, um ihre Anliegen vertreten zu können.
Lobbyismus geht selten eindeutig mit Bestechungsgeldern einher, eher handelt es sich um eine Art „Wohlfühllobbyismus“, bei dem Abgeordnete und Entscheidungsträgerinnen mal zum Essen, mal zu einer Veranstaltung oder in die VIP-Lounge ins Fußballstadion und damit zum informellen Gespräch eingeladen werden. All das können Non-Profit-Organisationen in der Regel nicht leisten.
Aber natürlich sind auch NGOs nicht immer und grundsätzlich die „Guten“ im Umfeld der Interessenvertretung. Es werden immer mehr Stimmen laut, die einen großen Einfluss von bestimmten Nichtregierungsorganisationen angeprangern. Auf jeden Fall muss man ihre Finanzierung hinterfragen dürfen, wenn z.B. Studien von großen Unternehmen finanziert werden oder sie generell eine große Nähe zu Wirtschaftsunternehmen haben.
Dennoch ist es vor allem das Ungleichgewicht, das Anlass zur Sorge gibt: Schätzungsweise 25.000 Lobbyisten mit einem Jahresbudget von 1,5 Milliarden Euro nehmen laut LobbyControl in Brüssel Einfluss auf die EU-Institutionen. Etwa 70 Prozent von ihnen arbeiten für Unternehmen und Wirtschaftsverbände.
Wir von der „ÖDP – die Naturschutzpartei“ finden: Nur echte Transparenz kann eine ausgewogene Interessenvertretung sicherstellen. Deshalb brauchen wir ein rechtsverbindliches Transparenzregister für alle EU-Institutionen. Und: Eine absolute Konzernspendenfreiheit, wie sie die ÖDP konsequent verfolgt, schützt auch vor Einflussnahme!
Mit freundlichen Grüßen