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Manuela Grochowiak-Schmieding
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Winfried S. •

Frage an Manuela Grochowiak-Schmieding von Winfried S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Grochowiak-Schmieding.

Via Ruhrbarone ( http://www.ruhrbarone.de ) war zu erfahren, dass Sie sich für die Richterinnen und Richter fremd schämen, die für die Verbesserung ihrer Bezahlung einsetzen und das zum Beispiel per Brief auch an ihre Adresse zum Ausdruck bringen.

Dazu erlaube ich mir folgende Fragen.

1. Wie kennzeichnet sich Ihr Abstimmungsverhalten bei den immer wieder vorkommenden Anträgen auf Erhöhung der Diäten im Landtag des Landes Nordrhein-Westfalen?
2. Ist der Kampf um Anpassung der Einkommenssituation grundsätzlich fremdschäm-geeignet, oder geht es hier nur um Richter?
3. Darf ich als Krankenpfleger weiterhin eine Erhöhung meiner Bezüge fordern oder ist der Betrag von 7,- Euro, für den weder Richter noch ich etwas können, das Maß aller Dinge und alle Erwartungen, die Gehaltsentwicklung an die allgemeinen Kosten zu koppeln, ebenfalls geeignet, um bei Ihnen Fremdschämen auszulösen?
4. Halten Sie Ihre Antwort auf den Brief von Frau Post wirklich für den adäquaten Umgang einer Landtagsabgeortneten mit einer Bürgerin?

Ich würde mich über Antworten sehr freuen.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Schäfer,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Die adäquate und dynamische Entlohnung von Arbeit ist für alle wünschenswert und ich habe nie etwas anderes gesagt.
Die Entscheidung des Landeskabinetts und der Regierungsfraktionen zur Beamtenbesoldungsanpassung wird stark kritisiert und ich kann diesen Unmut verstehen.
Die gefundene Lösung entspricht nicht den Erwartungen und sie ist auch nicht leichten Herzens getroffen worden. Ich möchte Ihnen jedoch begründen und darlegen, warum ich mich entschieden habe, die Regelungen mitzutragen.

Unsere Entscheidung ist getragen von der Notwendigkeit, spätestens im Jahr 2020 die Schuldenbremse einhalten zu müssen. Dafür müssen wir bis 2020 strukturell fast 2,4 Mrd. Euro einsparen. Trotz dieses Sparziels wollen wir auch weiterhin eine Politik betreiben, die sich aus einem Dreiklang aus Sparen, Investieren und der Verbesserung der Einnahmen speist.
Die Personalausgaben machen insgesamt einen Anteil von 43,5% am Gesamthaushalt aus. Diese Ausgaben bei einer umfassenden Überprüfung auszuklammern, war deshalb unmöglich. Die 1:1-Übertragung des Tarifabschlusses für den öffentlichen Dienst würde das Land zusätzlich 1,32 Mrd. Euro kosten.
Wir haben daher für 2013 und 2014 eine Abwägungsentscheidung getroffen:

• Kein Stellenabbau, da dies die Arbeitsbelastung im Öffentlichen Dienst massiv erhöhen würde. Im Bildungssektor wird nicht gekürzt. Wir wissen: Nicht nur bei Polizei, Strafvollzug, bei den Hochschulen und in vielen Landesbehörden wird schon jetzt viel Mehrarbeit geleistet. Es sollen keinen Stellen nach dem Rasenmäher-Prinzip gekürzt werden.
• Kein genereller Beförderungsstopp, da dieser leistungshemmend wirken würde.
• Keine Kürzungen beim Weihnachtsgeld oder den Pensionen, da dies Haushaltseinkommen direkt schmälern und Lebensplanungen erschweren würde.
• Keine Ausweitung der Arbeitszeit, da dies zu zusätzlicher Arbeitsbelastung führen würde.

Wir haben uns für eine sozial gestaffelte Umsetzung des Tarifabschlusses entschieden, da wir glauben, dass die unteren Besoldungsgruppen steigende Lebenshaltungskosten besonders getroffen werden. Diese Lösung bedeutet Mehrkosten für das Land in Höhe von über 600 Mio. Euro.

Eine 1:1 Übertragung auf alle Gehaltsgruppen würde uns jedes Jahr zusätzlich 700 Mio. Euro kosten. 700 Millionen entsprechen etwa 14.000 Stellen im öffentlichen Dienst, oder die Hälfte aller Förderprogramme des Landes. Das heißt, wir stehen vor der Abwägung, massiv Angestellte zu entlassen, Beamtenstellen abzubauen oder Theater, Museen, Frauenhäuser, Kinder- und Jugendeinrichtungen zu schließen, um für Gehaltsgruppen ab A13 auch die Tariferhöhung umzusetzen. Eine Erhöhung der Neuverschuldung kommt aufgrund der im Grundgesetz verankerten und bereits erwähnten Schuldenbremse nicht in Betracht.

Die finanzielle Ausstattung des Landes und die Schuldenbremse lassen eine andere Entscheidung nicht zu. Insofern haben wir keine normale Haushaltslage, im Gegenteil: die Haushaltslage ist dramatisch und wir kämpfen um jeden Euro, damit wir die Neuverschuldung auf null reduzieren. Bereits mit dem Haushalt 2013 müssen wir sehr schmerzhafte Einschnitte vornehmen. Es geht also nicht darum, dass wir die Weitergabe der Tariferhöhungen nicht gönnen, aber wir können faktisch ohne Kahlschlag keinen 1:1 Übertrag leisten.

Für meine Wortwahl habe ich Frau Post einen Tag später und umgehend um Entschuldigung gebeten.

Mit freundlichen Grüßen

Manuela Grochowiak-Schmieding MdL