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Frage von Peter K. •

Frage an Lydia Westrich von Peter K. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Westrich,

zur Zeit gibt es in der Politik nur ein Streit-Thema: Bundespräsidentenwahl. Es gibt aber für den Bürger wichtiger Themen wie z.B. Heizkosten. Was unternimmt die Bundesregierung gegen die steigenden Ölpreise / Benzinpreise? Wann gibt es eine Entlastung der Familen?

mfg

Peter Kölsch

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Kölsch,

in der Tat schien es so, als hätte es in den vergangenen Tagen mit der Bundespräsidentenwahl nur ein bestimmendes Thema in der Bundespolitik gegeben. Zugegebenermaßen konnte auch ich das Blätterrauschen im Medienwald nur bedingt nachvollziehen, handelt es sich doch bei der Aufstellung einer eigenen Kandidatin zur Bundespräsidentenwahl um einen in unserer demokratischen Gesellschaft selbstverständlichen Vorgang, den man in meinen Augen als Chance zum Meinungsaustausch begreifen sollte.

Deshalb freut es mich auch, dass die Aufregung der vergangenen Tage wieder abgeklungen ist und wir uns wieder den tagespolitischen Themen zuwenden können. Eines dieser Themen ist dabei mit Sicherheit der hohe Kraftstoffpreis. Aus ihrer und vielen weiteren Zuschriften von Bürgerinnen und Bürgern aus meinem Wahlkreis weiß ich nur zu gut, welche Auswirkungen die hohen Kraftstoffpreise auf die Autofahrerinnen und Autofahrer in der Südwestpfalz haben. Besonders hart trifft es dabei die Pendlerinnen und Pendler, die aus Berufsgründen das Auto nutzen müssen.

Dieser Preisanstieg beruht auf der Wechselwirkung zwischen Angebot und Anfrage. Immer dann, wenn das Angebot an einem Gut kleiner ist als die Nachfrage, steigt der Preis. Gerade in den letzten Jahren ist die Nachfrage nach Rohöl und Mineralölprodukten besonders in den Schwellenländern China und Indien kräftig gestiegen. Überdies handelt es sich bei Öl um einen endlichen Rohstoff, so dass die Sorge vor einer Knappheit bzw. Versorgungsausfällen wächst. All dies wirkt preistreibend.

Als Gegenmaßnahme könnte man nun andenken, die Mineralölsteuer zu senken. Diese Idee klingt in der Tat auf den ersten Blick sehr verlockend. Allerdings birgt sie im Einzelnen doch gravierende Nachteile, die ich Ihnen gerne erläutern möchte:

Eine Senkung der Mineralölsteuer durch den Staat würde nämlich aller Voraussicht nach dazu führen, dass die Mineralölkonzerne die Senkung kurz über lang durch eine Anhebung der Preise vollständig kompensieren. Jede Möglichkeit von Seiten der Konzerne wird dazu genutzt, die Gewinne zu vergrößern. Dabei handelt es sich jedoch nicht um ein Phänomen, welches nur in der Mineralölwirtschaft anzutreffen ist. Vielmehr hat sich auch in einem europäischen Modellprojekt bei der Einführung ermäßigter Mehrwertsteuersätze gezeigt, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher auch hier nur wenige Wochen in den Genuss spürbar geringerer Preise kamen. Danach wurden die Preise langsam wieder dem Ursprungsniveau angeglichen. Die Gewinne kamen fortan den Konzernen zugute.

Nun könnte man daraus schlussfolgern, dass der Staat die Gewinne lieber dem Staatshaushalt zukommen lässt und damit letztlich an den hohen Ölpreisen verdient. Dem ist aber nicht so! Im Gegenteil: Der hohe Ölpreis verstärkt normalerweise die Anreize zu sparsamem Energieverbrauch bei jedem Autofahrer. Weil aber die Energiesteuer (Benzin: 65,45 Cent/Liter; Diesel 47,04 Cent/Liter) als fester Steuersatz je Liter erhoben wird, sinken bei rückläufigem Verbrauch die Einnahmen des Staates aus der Energiesteuer (diese wurde übrigens seit dem Zeitpunkt, als der Preis für Diesel noch unter einem Euro lag, nicht erhöht).
Damit wird eines klar: Das einzig erfolgversprechende Druckmittel gegen die willkürliche Preispolitik der Ölkonzerne ist derzeit das Einsparen von Energie durch jeden Verbraucher. Denn die Konzerne testen zurzeit aus, was die Bürger für Kraftstoff zu leisten bereit sind. Beispielhaft hierfür möchte ich nur den Preisanstieg von Kraftstoff vor jedem verlängerten Wochenende anführen, der zumeist am nächsten folgenden Werktag wieder rückgängig gemacht wird. Sollte es sich jedoch im Einzelfall herausstellen, dass die Preissteigerungen auf Kartellabsprachen der Mineralölkonzerne beruhen, ist das Bundeskartellamt gefordert. Dieses hat weitreichende Ermittlungsbefugnisse und kann dann gegen die an den Preisabsprachen beteiligten Unternehmen Geldbußen in Höhe von bis zu 10% ihrer jeweiligen im vorausgegangenen Jahr erzielten Gesamtumsätze verhängen.

Schließlich sprechen Sie die Entlastung von Familien an. Hier hat die SPD-Bundestagsfraktion in den vergangenen Jahren einiges erreicht. So hat die Große Koalition auf unsere Initiative hin das Elterngeld eingeführt. Mit dem Elterngeld schaffen wir die Rahmenbedingungen dafür, dass sich Familie und Beruf besser als bisher miteinander vereinbaren lassen. Zudem wird die Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr verstärkt angeboten. Das ist gut für die Kinder und gut für die Eltern. Ferner haben wir den Kinderzuschlag weiterentwickelt, der verhindert, dass Eltern wegen ihrer Kinder bei niedrigem Einkommen Arbeitslosengeld II beziehen müssen. Schließlich werden Eltern seit Beginn dieses Jahres bei den Pflegeversicherungsbeiträgen entlastet.

Schüler-, Studenten- und Meister-Bafög wurden angehoben, um den Eltern
bei der Ausbildung ihrer Kinder zu helfen. Das Wohngeld ist ebenfalls erhöht worden, auch um die hohen Energiepreise etwas abzufangen. Wir haben in der gesetzlichen Krankenversicherung die beitragsfreie Mitversicherung von Kindern und müssen diese Regelung nun laut Bundesverfassungsgericht auch auf die Privatversicherten ausdehnen. Das allein kostet mehr als 10 Milliarden Euro. Sie müssen immer bedenken, dass auch kleine Erleichterungen für den Einzelnen wie z.B. die niedrige Rentenerhöhung von 1,1 % sich bundesweit zu großen Summen addieren. Diese stehen dem Staat dann nicht mehr für den Ausbau der Infrastruktur, für Investitionen in Bildung und Forschung sowie zur Schuldentilgung zur Verfügung.

Das heißt jedoch keineswegs, dass nicht noch mehr für Familien getan werden kann. Es gibt zu wenig Betreuungsangebote und auch die knappen staatlichen Mittel dürfen nicht weiter mit der Gießkanne verteilt werden. Daher sieht das neue finanzpolitische Konzept der SPD vor, den geltenden Familienleistungsausgleich auf den Prüfstand zu stellen, um mehr Mittel gezielt für Familien mit Kindern einzusetzen. Dabei werden wir auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kritisch hinterfragen, die uns zwingt, Eltern mit Spitzeneinkommen absolut stärker zu entlasten als Eltern mit geringerem Einkommen. Die im geltenden System vorgesehenen Kinderfreibeträge, die die CSU sogar noch erhöhen will, führen hingegen bei steigendem Einkommen zu einer höheren Entlastung.

Mit freundlichen Grüßen

Lydia Westrich, MdB