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Lydia Westrich
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Frage von Martin K. •

Frage an Lydia Westrich von Martin K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Westrich,
da Sie meinem Wahlkreis angehören, möchte ich wissen, ob Sie mich bzw. meine Überzeugung im Parlament vertreten. Konkret möchte ich wissen, wie sie zu den akteull anstehenden Entscheidungen zur "Bekämpfung von Kinderpornographie stehen".

Unter dem Vorwand der Bekämpfung von Kinderpornographie plant man technische Manipulationen, durch die der Zugriff auf ausgesuchte, auf einer geheimen "Sperrliste" stehende Webseiten erschweret werden soll. Obwohl die Sperren für computeraffine Nutzer, zu denen wohl auch diejenigen gehören, die das Internet zum Konsum von Kinderpornographie verwenden, sehr leicht zu umgehen sind und schon vielmals bewiesen wurde, dass die technischen Dienstleister (Hoster), die es ermöglichen Seiten im Internet zu veröffentlichen, kinderpornographische Internet-Inhalte umgehend nachhaltig löschen, sobald sie darüber informiert werden, hält man weiterhin an diesem Gesetzesvorschlag fest. Erschwerend kommt hinzu, dass sich in anderen Ländern gezeigt hat, dass die "Sperrlisten" nur zu einem geringen Anteil Seiten enthalten, die tatsächlich Kinderpornographie anbieten. Durch solche untransparente Sperren schafft man die Grundlagen für Zensur und so einen schweren Eingriff in die Bürgerrechte.

Wie stehen Sie dazu? Wie werden Sie sich bei eventuellen Abstimmungen verhalten? Haben Sie sich in ihrer Fraktion schon kritisch dazu geäußert? Falls nicht, werden Sie es noch tun?

mit freundlichen Grüßen

Martin I. Köhler

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Köhler,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum so genannten Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen. Gerne nehme ich zu Ihren Anmerkungen Stellung:

Sie erwecken den Eindruck, dass der Kampf gegen Kinderpornographie lediglich als Feigenblatt genutzt wurde, um beliebige Internetseiten auf eine Sperrliste zu setzen und so der Internetzensur Vorschub zu leisten. Diesen Vorwurf vermag ich nicht zu teilen! Dennoch muss ich gestehen, dass ich dem Gesetz nur unter „Bauchschmerzen“ zugestimmt habe. Denn es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Sperrinfrastruktur gerade unter wechselnden Mehrheitsverhältnissen im Deutschen Bundestag auch zu anderen Zwecken als zur Sperrung kinderpornographischer Inhalte genutzt werden kann. Bestrebungen innerhalb der Unionsfraktion gab es hierzu bereits.

Persönlich lehne ich eine Ausweitung der Sperrinfrastruktur für andere Zwecke jedoch ab. Dies habe ich in einer gemeinsamen Erklärung mit anderen SPD-Abgeordneten auch unmissverständlich klar gemacht. Man könnte nun natürlich auf die Idee kommen und argumentieren, dass mit der Zustimmung zum Gesetzentwurf erst die Gefahr des Missbrauchs geschaffen wurde. Allerdings berücksichtigt diese Argumentation nicht, dass die entsprechende Sperrinfrastruktur bereits aufgrund von Verträgen zwischen dem BKA und den Internetprovidern aufgebaut ist. Insofern werden diese intransparenten und verfassungsrechtlich äußerst fragwürdigen Verträge zu Lasten Dritter durch eine gesetzliche Grundlage, nämlich den verabschiedeten Gesetzentwurf, meiner Ansicht nach abgeschwächt.

Im Übrigen habe ich für den Gesetzentwurf erst dann meine Zustimmung signalisiert, als die SPD in den Verhandlungen einige elementare rechtsstaatliche Grundsätze durchsetzen konnte. Dies gilt zum einen für das Subsidiaritätsprinzip: Erst wenn Maßnahmen mit geringerer Schwere des Eingriffs nicht erfolgreich sind, darf eine Seite auf die Sperrliste gesetzt werden. Plakativ ausgedrückt gilt der Grundsatz: Löschen vor Sperren! Zudem wird ein unabhängiges Gremium gebildet, welches die Sperrliste regelmäßig kontrolliert; gegen die Aufnahme in die Sperrliste ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Weiterhin dürfen Verkehrs- und Nutzungsdaten, die aufgrund der Zugangserschwerung bei der Umleitung auf die Stopp-Meldung anfallen, nicht für Zwecke der Strafverfolgung verwendet werden. Schließlich haben wir in den Verhandlungen auch eine Bestimmung durchsetzen können, die ausschließt, dass die neu geschaffene Infrastruktur zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche genutzt werden kann.

Mit freundlichen Grüßen

Lydia Westrich, MdB