Frage an Lydia Westrich von Barbara W. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Hallo Frau Westrich,
meine Frage dreht sich um die Honorarkräfte in den Sprachkursen. Wir sind jetzt "selbstständige Kleinunternehmer", d,h. wir zahlen unsere Steuer, unsere Sozialabgaben und die Krankenkasse selbst. Tatsächlich sind wir jedoch Scheinselbständige, was heißen will, wir sind mehr oder minder Weisung gebunden, den die Unterrichtzeiten und auch den Ort können wir uns nicht heraussuchen. Wir haben im Falle einer Krankheit keinen Verdienst, müssen aber weiterhin unsere Abgaben tätigen. Dasselbe gilt auch für den Urlaub. Kommen nun keine Integrationskurse zustande gilt das gleiche. Ich für meinen Teil habe eigentlich nicht so viel zu meckern, fühle mich in meiner Einrichtung auch ganz wohl. Aber vielen von meinen Kollegen/innen geht es richtig schlecht, die haben keine angemessene Bezahlung. Meine Frage an Sie: Was gedenkt die SPD, so sie denn einen Regierungsauftrag erhält; für uns Sprachdozenten zu tun? Oder was tut die SPD für uns, wenn sie in der Opposition ist (was ich im Namen aller Wähler/innen nicht hoffe). Wir sind nur eine Minderheit, aber momentan sieht es ganz danach aus, als würden wir uns formieren und auf uns aufmerksam machen. Können wir auf Sie zählen?
Viel Glück im Wahlkampf
Barbara Wilhelm
Sehr geehrte Frau Wilhelm,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage über Abgeordnetenwatch vom 1. September 2009, die mich sehr nachdenklich gestimmt hat.
Leider kommt es in den letzten Monaten und Jahren wieder häufiger vor, dass Unternehmen und auch öffentliche Einrichtungen Personen als selbstständige Kleinunternehmer einstellen, obwohl diese eigentlich als abhängig Beschäftigte eingestellt sein müssten. Zurückzuführen, aber nicht damit zu entschuldigen, ist dies oftmals auf die klamme finanzielle Lage vieler Kommunen und Träger.
Nach §7 SGB IV kommt es entscheidend darauf an, ob die Tätigkeit nach Weisungen eines Auftraggebers ausgeführt wird bzw. ob eine Eingliederung in die Organisation des Auftraggebers erfolgt. Ist dies der Fall und die Person dennoch selbstständig beschäftigt, so spricht man von der so genannten Scheinselbstständigkeit.
Auch in Ihrem Fall spricht einiges für eine Scheinselbstständigkeit. Vom Gesetzgeber ist diese nicht gewünscht und deshalb wurde bei der Deutschen Rentenversicherung Bund eine Clearingstelle eingerichtet, die bei Unklarheiten über den Status eines Mitarbeiters für das Sozialversicherungsrecht verbindlich feststellt, ob eine Tätigkeit als selbstständig oder Beschäftigung zu bewerten ist. Die Versicherungspflicht gilt bei festgestellter Arbeitnehmereigenschaft dabei auch rückwirkend. In diesem Fall muss dann der Auftraggeber den Arbeitgeberanteil und Arbeitnehmeranteil nachzahlen.
Von dieser Beurteilung losgelöst, wenn auch oftmals mit dem gleichen Ergebnis, ist die Frage, ob die Tätigkeit auch aus arbeitsrechtlicher Sicht als Arbeitnehmertätigkeit einzustufen ist. Das Bundesarbeitsgericht definiert einen Arbeitnehmer als jemanden, der weisungsgebunden fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit leisten muss. Eine Klärung über den Status erfolgt vor dem Arbeitsgericht und kann weitreichende Veränderungen mit sich bringen, wie etwa Verbesserungen im Kündigungsschutz, bezahlten Urlaub oder verbesserte Arbeitsbedingungen, wenn ein Tarifvertrag anwendbar ist.
Darüber hinaus haben wir als SPD mit der Gesundheitsreform die Krankenversicherungspflicht für alle durchgesetzt. Seither haben alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland die Möglichkeit, sich umfassend krankenzuversichern. Wer den Versicherungsschutz verloren hat, erhält ein Rückkehrrecht in seine letzte Versicherung. Dies gilt gleichermaßen für die gesetzliche wie die private Krankenversicherung.
Zudem haben wir in unserem Regierungsprogramm für die kommende Wahlperiode festgelegt, dass wir die Rentenversicherung langfristig zu einer Erwerbstätigenversicherung weiterentwickeln wollen. Damit wollen wir den veränderten Bedingungen der Arbeitswelt gerecht werden, da in den heutigen Erwerbsbiographien ein Wechsel von abhängiger Beschäftigung zu Selbständigkeit oder freiberuflicher Tätigkeit häufiger vorkommt, als dies in der Vergangenheit der Fall war.
Trotzdem werden wir weiterhin bei den Kommunen und freien Trägern dafür werben, die Unsitte der Privatisierungen weitgehend einzudämmen!
Mit freundlichen Grüßen
Lydia Westrich, MdB