Frage an Lutz Kretschmann-Johannsen von Guenther H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Kretschmann-Johannsen!
Sie sind der gewählte Abgeordnete meines Wohnbezirkes und vertreten damit auch meine Rechte als Hamburger Bürger.
Ich gehe davon aus, dass ein Verfassungsbruch der amtierenden Regierung Sie als Abgeordneten zum Eingreifen zwingt.
Der Hamburger Senat hat nach Ansicht des Landesrechnungshofes (LRH) im Zusammenhang mit der Privatisierung des früheren Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) gegen die Hamburgische Verfassung verstoßen. Das geht aus einem Gutachten des LRH hervor. Laut Rechnungshof hätte der Senat für eine Bürgschaft, die 2005 im Zusammenhang mit dem Umbau des AK Barmbek übernommen wurde, einen Bürgerschaftsbeschluss einholen müssen - was nicht geschah.
Als den von mir gewählten Abgeordneten bitte ich Sie, mir mitzuteilen, was Sie gegen diesen Rechtsbruch unternehmen werden.
Mit freundlichen Gruessen
Guenther Heyn
Sehr geehrter Herr Heyn,
selbstverständlich nehme ich ihre Frage gern auf. Als ehemaliger gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion habe ich mich für die Einhaltung des Volksentscheides eingesetzt und den Verkauf der Krankenhäuser massiv kritisiert.
Wie Sie sicher wissen, hat die SPD-Fraktion den Verkauf der städtischen Krankenhäuser an Asklepios strikt abgelehnt. Dies aus zwei Gründen:
1) Der diesbezügliche Volksentscheid aus dem Jahr 2004 war eindeutig und die Nicht-Respektierung desselben aus unserer Sicht ein moralischer Verfassungsverstoß.
2) Der Verkauf war und ist ein schlechtes Geschäft für die Stadt. Die Risiken, insb. durch die Versorgungsaufwendungen bleiben der Stadt voll erhalten, der Kaufpreis ist durch viele Haken im Vertrag viel zu gering.
Der Rechnungshof hat nun auf Ersuchen der SPD-Bürgerschaftsfraktion die Vergabe einer Bürgschaft in Höhe von 211,5 Millionen Euro für die Fortführung der Arbeiten am AK-Barmbek als unrechtmäßig bewertet. Dies macht deutlich, dass zum einen weder die Banken (Bayrische Landesbank), noch die Baufirmen ausreichendes Vertrauen in die finanzielle Solidität von Asklepios hatten. Außerdem steht die Laufzeit der Bürgschaft bis zum Jahr 2025 im Widerspruch zum angeblichen Ziel des Senats, beim Verkauf der städtischen Krankenhäuser die Risiken für den Steuerzahler auf fünf Jahre zu begrenzen. Der Verfassungsbruch bestand laut Rechungshof darin, dass der Senat eine solche Bürgschaft zwar hätte geben können, hierfür jedoch einen Beschluss der Bürgerschaft hätte beantragen müssen. Offenbar scheute der Senat aber angesichts der Brisanz des Verkaufes eine erneute Befassung der Bürgerschaft.
Die CDU Abgeordneten haben dem entgegenhalten, dass es angesichts der großen Mehrheit der CDU in der Bürgerschaft ein Leichtes gewesen wäre, diesen Beschluss herbeizuführen.
Das glauben wir gern angesichts der Tatsache, dass die CDU-Fraktion den ganzen Verkauf ohne eigene kritische Beiträge während der parlamentarischen Beratung weitgehend kritiklos abgenickt hat. Dass diese Kultur des Abnickens nun aber soweit getrieben wird, dass im Selbstverständnis der CDU eine Befassung der Bürgerschaft quasi überflüssig erscheint, weil die CDU-Mehrheit ohnehin zustimmen würde, zeigt die ganze Arroganz der Macht der absoluten CDU-Mehrheit im Parlament.
Nun zu Ihrer Frage, was ich in dieser Sache weiter unternehmen werde.
Ich habe mit meiner Fraktion (SPD) eine Aktenvorlage beantragt. Dies ist eines der Instrumente, die der Opposition als Minderheit in der Bürgerschaft zustehen. Der Senat wird alle aktenkundigen Vorgänge der Verwaltung rund um die Gewährung der Bürgschaft offen legen müssen. Damit erhalten die Abgeordneten die Möglichkeit, sehr detailliert die Vorgänge um die Gewährung der Bürgschaft zu überprüfen. Sie können sich darauf verlassen, dass wir dies sehr gewissenhaft tun werden.
Der Bericht des Rechnungshofes, der den Verfassungsbruch klar festgestellt hat, ist in den Haushaltsausschuss überwiesen worden. Es bleibt abzuwarten, wie die CDU-Abgeordneten im Haushaltsausschuss und die CDU-Fraktion mit dem verfassungsmäßigen Rechten der Bürgerschaft im weiteren Verfahren umgehen werden. Die SPD-Fraktion wird in den Beratungen im Haushaltsausschuss die CDU-Abgeordneten jedenfalls daran erinnern, dass es so etwas wie ein Eigenrecht des Parlaments gegenüber dem Senat gibt. Das Parlament muss seine Rechte gegenüber dem Senat deutlich vertreten. Das kann es nur wirksam tun, wenn die Mehrheit in der Bürgerschaft trotz ihrer Nähe zum Senat, ein Mindestmaß an parlamentarischem Selbstbewusstsein bewahrt.
Ich hoffe, dass diese Antwort Ihnen deutlich macht, dass wir diesen Vorgang sehr ernst nehmen und keineswegs auf sich beruhen lassen.
Mit freundlichen Grüßen
Lutz Kretschmann-Johannsen, MdHB (SPD)
P.S.
Übrigens: Abgeordnetenwatch hat Sie als Bürger aus Mümmelsmannsberg vorgestellt. Ich mache Sie nur darauf aufmerksam, dass ihr Stadtteil Mümmelmannsberg vom SPD-Abgeordnetenbüro Billstedt/Horn Billstedter Hauptstr. 52, 22111 Hamburg, Tel.: 040 -28 00 79 92, Fax: 040 - 28 00 79 94 betreut wird. Dort erreichen Sie die SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Michael Neumann und Tanja Bestmann. Interessante Details zu den Vorgängen um den LBK-Verkauf finden Sie auch in den Presseerklärungen auf der homepage der SPD-Bürgerschaftsfraktion unter http://www.spd-fraktion-hamburg.de