Frage an Ludwig Spaenle von Irmgard K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Spaenle,
unsere Tochter ist stark gehbehindert und auf ihren Rolli angewiesen. Sie besucht zur Zeit den normalen Kindergarten als Integrationskind. Dies funktioniert super und sie ist voll integriert. Dank Inklusion hat sie ab September 2013 ein Anrecht auf den Besuch der Regelschule.Die zuständige Gemeinde und die Schule stehen voll dahinter und unterstützen unser Vorhaben.
Doch gibt es für unser Unternehmen leider keine Gelder oder Zuschüsse von Seiten des Staates und unsere Gemeinde bliebe auf den kompletten Kosten (Treppenlift, Pflegeraum ,Rollstuhlrampe usw.) sitzen und hier würde dann unser Vorhaben scheitern. Kann das sein? Wir als Eltern sind etwas vor den Kopf gestossen. Da glaubt man Inklusion soll verwirklicht werden, alle sind dafür und es funktioniert sogar super,doch dann fehlen Gelder um den Rest auch noch zu ermöglichen. Irgendwie wiederspricht sich hier das Ganze. Ist nun unser Ministerium für Inklusion oder nicht? Wenn ja? Wo gibt es finazielle Unterstützung für unsere Komune ,denn diese Kosten sind nicht für eine kleine Gemeinde zu meistern.
Mit freundlichen Grüßen
Irmgard Kagermeier
Sehr geehrte Frau Kagermeier,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 11.12.2012, die Sie als Besucherin der Internetseite www.abgeordnetenwatch.de an Herrn Staatsminister Dr. Lud- wig Spaenle gerichtet haben. Darin thematisieren Sie die Kosten, welche im Zuge der Unterrichtung körperbehinderter Schülerinnen und Schüler an Regelschulen für die kommunalen Sachaufwandsträger entstehen können. Im Auftrag von Herr Staatsminister Dr. Spaenle darf ich Ihnen antworten. Am 01.08.2011 ist das Gesetz zur Umsetzung der UN- Behindertenrechtskonvention im Bayerischen Schulwesen (Inklusion) in Kraft getreten. Dadurch wurden die Regelungen des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) bezüglich der Schü- lerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf umfangreich geändert. Wie Sie zu Recht ausführen, haben diese Schülerinnen und Schüler nunmehr einen grundsätzlich gleichberechtigten Zugang zur allge- Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus meinen Schule. Eine Pflicht zum Besuch der Förderschule sieht Art. 41 Abs. 5 BayEUG nur noch in wenigen Ausnahmefällen vor. Die angeführten Umsetzungsschritte zeigen, dass der Freistaat Bayern die sich aus der UN-Behindertenrechtskonvention ergebenden Pflichten sehr ernst nimmt. Auch wenn die inklusive Entwicklung noch am Anfang steht, hat der Freistaat bereits erhebliche Anstrengungen unternommen. Dabei kann gelebte Inklusion zusätzliche Kosten mit sich bringen. Insofern bitte ich Sie jedoch zu berücksichtigen, dass die Pflichten der Kommunen zur Finanzierung schulischer Baukosten durch das Gesetz zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im bayerischen Schulwesen nicht ange- tastet wurden:
Die Verpflichtung zur barrierefreien Gestaltung von Schulgebäuden ist be- reits seit vielen Jahren in Art. 48 Abs. 2 der Bayerischen Bauordnung (BayBO) verankert. In Art. 3 Abs. 5 Satz 1 des Bayerischen Schulfinanzie- rungsgesetzes (BaySchFG) ist zudem seit dem Jahr 1994 geregelt, dass zum Schulaufwand auch die Aufwendungen für die behinderten Schüler sowie für die Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf gehören, die an der allgemeinen Schule nach Maßgabe von Art. 41 BayEUG unterrichtet werden können. Die Aufnahme von Schülerinnen und Schülern mit dem Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung kann zudem nur bei erheblichen Mehraufwendungen verweigert werden (Art. 30a Abs. 4 BayEUG).
Für die sich aus der Schulaufwandsträgerschaft ergebenden Belastungen der Kommunen hat der bayerische Gesetzgeber Vorsorge getroffen: Nach Art. 10 des Finanzausgleichsgesetzes (FAG) gewährt der Staat nach Maß- gabe der Bewilligung im Staatshaushalt zuzüglich der gemäß Art. 1 Abs. 2 bereitgestellten Verstärkungsmittel den Gemeinden Zuweisungen zum Bau von Schulen. Dass Gemeinden diese Kosten ohne Hilfe des Staates schul- tern müssen, ist daher nicht zutreffend.
Ich bedaure sehr, dass Ihre engagierten Bemühungen um die schulische Inklusion Ihrer Tochter aus Gründen der finanziellen Ausstattung der Kom- mune erschwert sind. Sollte sich für die Einschulung Ihrer Tochter bis zum kommenden Schuljahr keine Lösung vor Ort finden lassen, käme eine Zu- weisung an eine barrierefreie Grundschule nach Art. 43 Abs. 2 Nr. 4 Bay- EUG in Betracht. Für das weitere Vorgehen stünde Ihnen das zuständige Staatliche Schulamt gerne als zuständiger Ansprechpartner zur Verfügung. Ihrer Tochter wünsche ich einen guten Start in die Schullaufbahn und viel Erfolg.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Nicole Steinbach
Oberregierungsrätin