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Frage von Michael K. •

Frage an Ludwig Spaenle von Michael K. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Dr. Spaenle,

mit Interesse habe ich Ihr Interview auf Spiegel Online gelesen: http://www.spiegel.de/schulspiegel/wissen/0,1518,740949,00.html

Hier erwähnen Sie:
"Die Kompetenz in Bildungsfragen liegt nun einmal in den Ländern. Das halte ich für richtig, und den Bürgern geht es offensichtlich genauso."

Ihre Meinung in allen Ehren, aber finden Sie es nicht etwas gewagt, zu unterstellen das die Bürger förderalistisches Vielerlei in der Bildungspolitik wünschen?
Ich bitte hier auch nicht die Bedeutung der Bildungspolitik für den letzten bayrischen Landtagswahlkampf herauszukehren, damit vertauschen Sie nämlich Ursache und Wirkung. WEIL die Bildungspolitik Ländersache ist, war sie im Landtagswahlkampf wichtig, nicht umgekehrt.

Auch der Wettkampf vieler Länder der gerne als Argument angeführt wird als Motivation die Bildung zu verbessern kann irgendwie nicht der wahre Grund sein. Währe das so hätte man das offenbar als erfolgreich erkannte Thüringer Modell (G8 seit der Wende) schließlich versucht zu übertragen / daraus zu lernen, statt lediglich das eigene Modell in der Zeit einzukürzen und den Stoff in kürzere Zeiten zu packen (was ja für viel Unmut über das "Turboabitur" gesorgt hat).

Kurz gefasst also nochmal die zwei Fragen:

1. Wie kommen Sie darauf, dass die Bürger wünschen, dass die Bildungspolitik Ländersache ist?

2. Wenn die Bildungspolitik schon Ländersache ist, warum versucht man dann nicht wenigstens von erfolgreichen Modellen in anderen Ländern zu lernen, statt mit dem Tunnelblick eigene Modelle durchsetzen zu wollen?

Mit freundlichen Grüßen
Michael Kieschnick

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Kieschnick,

vielen Dank für Ihre Fragen vom 25.01.2011. Im Grundgesetz ist festgeschrieben, dass die Bundesrepublik Deutschland föderal gegliedert ist, d. h. aus Ländern besteht. Zudem legt das Grundgesetz in Bezug auf die Bildungspolitik fest, dass diese Sache der Länder ist. Dies hat gute Gründe.
So können die Länder viel besser regionalen Besonderheiten und spezifischen bildungspolitischen Traditionen Rechnung tragen, als dies der Bund könnte. Schließlich sind beispielsweise die sozialen Rahmenbedingungen und bildungspolitischen Herausforderungen im Flächenstaat Bayern in vielerlei Hinsicht andere als im Stadtstaat Hamburg.
Der zweite entscheidende Vorteil dieses Bildungsföderalismus ist der Wettbewerb um das bestmögliche Bildungssystem und die bestmögliche Bildung für alle Schülerinnen und Schüler. Gäbe es in Deutschland ein zentralistisches Bildungssystem, wäre Wettbewerb kaum möglich. Der Maßstab für bildungspolitische Entscheidungen wäre vermutlich das Mittelmaß, es müssten ständig Kompromisse gefunden werden, die regionale Gegebenheiten und Erfordernisse nicht oder kaum berücksichtigen können.
Wenn Bürgerinnen und Bürger wünschen, dass Bildungspolitik Ländersache bleibt, liegt das daran, dass sie ein qualitativ hochwertiges und gerechtes Bildungssystem möchten. Ihnen wäre nicht zu vermitteln, warum ein erfolgreiches und an regionale Besonderheiten angepasstes Schulsystem wie das bayerische durch bundeseinheitliche Regelungen ersetzt werden sollte. Dies erscheint gerade angesichts des sehr guten Abschneidens Bayerns bei allen bisher durchgeführten Ländervergleichen, zuletzt im Jahr 2009, wo Bayern in allen getesteten Kategorien Platz eins belegte, nicht sinnvoll und nicht vermittelbar.
Im Bildungsföderalismus setzen sich letztlich die besten Modelle durch, die sich in der Praxis bewährt haben und an regionale Besonderheiten angepasst sind. Der oberste Maßstab ist also Qualität. Gerade das Abitur ist hierfür ein gutes Beispiel. So haben in den letzten Jahren fast alle Länder das erfolgreiche Modell des Zentralabiturs übernommen, das in Bayern eine lange Tradition hat. Ihre These, die einzelnen Länder würden nicht von erfolgreichen Modellen anderer Länder lernen, ist vor diesem Hintergrund nicht zutreffend.
Ich hoffe, es ist mir gelungen, Ihnen aufzuzeigen, dass letztlich die Vorteile des Bildungsföderalismus überwiegen und somit am besten sichergestellt werden kann, dass alle Schülerinnen und Schüler eine möglichst optimale, an ihren Begabungen und Interessen orientierte Bildung erhalten.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Ludwig Spaenle