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Lucy Redler
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Frage von Julia M. •

Frage an Lucy Redler von Julia M. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Redler,

mein Lebensgefährte wurde in Berlin-Lichtenberg von drei Jugendlichen im Zuge eines frustentladenden Gewaltaktes überfallen mit der Folge bleibender Körperschäden, Schwerbehinderung u. verminderter Berufsfähigkeit. Die Täter wurden nicht von der Polizei ermittelt.
Für die anerkannten dauerhaften Körperschäden erhält mein Lebenspartner vom Versorgungsamt Berlin eine Opferentschädigungsrente (Grundrente nach dem OEG).
Aufgrund des Wohnsitzes Ostberlin zum Zeitpunkt des Überfalls wird jedoch nur eine abgesenkte Leistung vom Versorgungsamt gezahlt.
Die zuständige Berliner (PDS-) Sozialsenatorin Knaake-Werner rechtfertigt diese Praxis mit einem vor einigen Jahren ergangenen Urteil eines Landessozialgerichts.
Meine Fragen:
Halten Sie es für richtig, dass innerhalb einer seit 16 (!) Jahren wiedervereinigten Stadt Berlin für gleiche Schäden und gleiches Leid unterschiedliche Leistungen gezahlt werden, je nachdem wo man zum Zeitpunkt des Überfalls (zufällig) wohnt: Ost- oder West-berlin ?
Anmerkung: Die Entschädigungsrenten für Kriegsopfer und SED-Opfer in den neuen Bundesländern wurden bereits zum 1.1.99 an das Westniveau angeglichen, nicht aber die der Gewaltopfer. Dabei galt und gilt in den alten Bundesländern der Grundsatz: die Gewaltopfer erhalten die gleichen Leistungen wie die Kriegsopfer !
Der Senat von Berlin und insbesondere die PDS-Sozialsenatorin haben in den letzten 5 Jahren politisch
(z.B. Bundesratsinitiative etc.) nichts unternommen, um diesen politisch skandalösen Zustand zu beenden !
Welche Position vertreten Sie und Ihre Partei WASG in dieser Frage ? Würden Sie politisch aktiv sich für eine Gleichbehandlung der Ostberliner und Westberliner Gewaltopfer einsetzen oder halten Sie auch den Weg in den Formaldemokratismus für richtig: politisch nicht aktiv zu werden sondern sich hinter Gerichtsurteilen zu verstecken ?

Mit freundlichem Gruß
Julia Morgenstern

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Antwort von
DIE LINKE

Hallo Frau Morgenstern,

vielen Dank für ihren interessanten und gleichzeitig erschütternden Beitrag. Zuallererst tut es mir natürlich leid, was ihrem Lebenspartner widerfahren ist. Ich kann ihre Wut und den Wunsch nachvollziehen, dass die Täter zur Rechenschaft gezogen werden. Gerade wenn dauerhafte Schäden hinterbleiben, ist es nach Auffassung der WASG die Aufgabe der Gesellschaft den Opfern zu helfen. Wie die zuständige Senatorin mit ihrem Anliegen umgeht, reiht sich leider nahtlos in dessen ganze unsoziale Politik der letzten Jahre ein.

Ich finde es auch skandalös, wenn im sechszehnten Jahr nach der Wiedervereinigung noch immer derartige Unterschiede zwischen Ost und West herrschen. Die Politiker setzen bewusst darauf, Ost gegen West gegen einander auszuspielen um von den eigentlichen Problemen abzulenken. Bezeichnend ist es auch, dass die PDS, die sich gerne als "Ostpartei" darstellt auch in dieser Frage ausser warmen Worten nicht viel anzubieten hat.

Gesetze werden von Menschen gemacht und sind veränderbar. Wir werden uns für die Angleichung von sozialen und gesetzlichen Standards einsetzen, dass ist ganz klar. Wir werden im Parlament aber auch nur eine Minderheit darstellen, daher sind uns Grenzen gesetzt. Vorrang muss deshalb auch in dieser Frage der Protest ausserhalb des Parlamentes haben um den Druck auf die etablierten Parteien erhöhen zu können.

Viele Grüße und alles Gute für Sie und Ihren Lebensgefährten
Lucy Redler