Frage an Lothar Mark von Roland F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Mark;
ich bin wohl nicht der Einzige der sich vom Islam bedroht fühlt. Aus diesem Grunde bitte ich Sie um eine Stellungnahme zu der nachfolgenden -auszugsweisen- Veröffentlichung.
Quelle: Welt online vom 10.9.
http://www.welt.de/welt_print/article2361832/Ehrenrang-fuer-Christenhasser.html
Vor wenigen Tagen wurde in Ingelheim eine neue Moschee eingeweiht. Die die von Politikern und Kirchenvertretern euphorisch gefeierte Moschee heißt "Fatih-Sultan-Moschee". Der Name ist wohl nicht "zufällig" gewählt. Der türkische Sultan Mehmet II. trug den Beinamen "Fatih" ("der Eroberer"). Im Jahre 1453 hat dieser Christenhasser das bis dahin christliche Konstantinopel überrannt, die Christen zusammentreiben, pfählen und köpfen lassen. Er zerstörte das christliche Byzantinische Reich. Das von ihm angeordnete Blutbad war grauenvoll. Überall in Europa nennen muslimische Mitbürger heute ihre neu entstehenden Moscheen nach den großen Christenhassern ihrer Geschichte. Viele klatschen, wenn etwa mit immer neuen "Fatih"-Moscheen die Gefühle europäischer Christen mit Füßen getreten werden. Bloß nicht den Islam "beleidigen". Kämen Christen auf die Idee, eine Basilika etwa nach dem Kreuzfahrer Gottfried von Bouillon zu benennen?
Die Entwicklung zieht sich durch ganz Europa. Und überall geben wir unsere Werte auf: In Dänemark zahlt seit diesem Jahr die erste Kirche Schutzgeld an Muslime, um ihre Christen beim Kirchgang vor Übergriffen zu schützen. Wir haben zwar Gesetze in Europa, die eigentlich für alle gelten, aber zugunsten unserer Mitbürger akzeptieren wir inzwischen sogar islamische "Scharia-Gerichte". Natürlich gestatten wir Muslimen Polygamie. Und die Stoffkäfig-Haltung von Frauen ist im Straßenbild inzwischen angeblich eine kulturelle Bereicherung.
In Ländern wie Schweden diskutiert man über einen Strafnachlass für "Ehrenmörder" - alles andere könnte ja den Islam beleidigen. Ein angeblicher "Kampf der Kulturen" findet nicht statt - wir geben unsere Werte auf.
Der Autor ist Präsident der gemeinnützigen Bürgerbewegung Pax Europa e.V.
Sehr geehrter Herr Fath,
vielen Dank für Ihre Zuschrift vom 12. September 2008, in der ihre Sorge über eine zunehmende Islamisierung Deutschlands und Europas zum Ausdruck kommt, die ich nachvollziehen kann. Bei diesem Thema gibt es in der Tat Diskussions- und Aufklärungsbedarf. Insofern bin ich dankbar für Ihre Bitte um eine Stellungnahme.
Udo Ulfkotte, ehemaliger FAZ-Redakteur und Gründer von Pax Europa e.V., den Sie hier zitieren, ist bekannt wegen seiner radikalen Äußerungen im Zusammenhang mit dem Islam. Seine generalisierenden Aussagen gegenüber dem Islam in seiner Publikation „Akte Islam“ halte ich weder für professionell noch für erfolgversprechend, wenn es darum geht, eine Form des Zusammenlebens mit den unter uns lebenden Muslimen zu finden. Interessanterweise sehen Autoren wie Leon de Winter und Feridan Zaimoglu weniger die Gefahr einer „Islamisierung Europas“ denn die Chance, dass die unter uns lebenden Muslime „europäischer“ werden („Europäisierung des Islam). Dafür ließen sich nicht nur viele Muslime anführen, die "gute Deutsche" geworden sind, sondern auch streitbare Musliminnen wie Seyran Atec und Necla Kelec.
Den Ärger über den Namen der genannten Moschee in Ingelheim, den Udo Ulfkotte zum Ausdruck kommt, teilen viele Menschen in Deutschland. Er hat seinen Ursprung sicher auch in der Panikmache mancher Medien, bei denen man annehmen könnte, dass sie hinter jeder muslimischen Einrichtung ein Terroristenrekrutenlager vermuten. Das ist in Anbetracht der Anschläge in London, Madrid, New York und den vereitelten Anschlägen in Deutschland sicher verständlich. Allerdings darf die berechtigte Vorsicht im Zusammenhang mit dem politischen Islam nicht zu einer pauschalen Verurteilung des Islam und zu Fremdenfeindlichkeit führen.
Die Namensgebung der Moscheen sollte nicht übereilt unter Verdacht genommen werden. Da unter Sultan Mehmed II. viele Moscheen, Bäder und islamische Hochschulen erbaut wurden, wodurch die osmanische Kultur einen urbanen Aufschwung erlebte, ist die Fatih-Moschee in Istanbul sicher auch Vorbild für die neuen Moscheen in Deutschland und Europa.
Ulfkotte ist nicht der Erste, der diese Namensgebung kritisiert. Der syrische Politikwissenschaftler Bassam Tibi hält es ebenfalls für verhängnisvoll, Moscheen nach Eroberern zu benennen, die den Dschihad in christliche Gebiete getragen haben. Und die Turkologin Ursula Spuler-Stegemann empfindet sie als Provokation. In der Tat ist auch meine Partei nicht glücklich über die Namensgebung und befindet sich darüber im Gespräch mit Moscheenvereinen und Verbänden.
Der von Ulfkotte aufgegriffene "Kampf der Kulturen" ist eine unglückliche Übersetzung aus dem Englischen. Der US-amerikanische Politikwissenschaftler und Berater des Außenministeriums Samuel Huntington prägte den Begriff "Clash of Civilizations". „Clash“ bedeutet jedoch nichts weiter als Zusammenprall. Und nur weil Kulturen aufeinanderprallen, wie es in der Geschichte der Menschheit schon unzählige Male der Fall war, müssen sie nicht miteinander kämpfen. Vielmehr müssen sie sich miteinander auseinandersetzen und sich verständigen.
Deutschland ist ein Einwanderungsland und die SPD fördert den Dialog der Kulturen auf vielen Ebenen, nur so kann die Integration voran schreiten. Es ist für Muslime wichtig, Moscheen zu bauen, damit sie ihre Religion und Kultur praktizieren können, genauso wie es seit 1492 für Christen und andere religiöse Gruppen wichtig war, Kirchen und Glaubenszentren in Nord- und Südamerika zu erbauen und auch neue Synagogen entstehen.
Dieses Recht können und wollen wir den Muslimen in Deutschland nicht absprechen, da wir in einem pluralistischen und demokratischen Land leben, in dem Religionsfreiheit ein Grundrecht ist. Das heißt keineswegs, dass wir unsere Werte aufgeben. Wir sollten aber alles dafür tun, dass Deutschland ein Land bleibt, in dem verschiedene Kulturen und Religionen friedlich koexistieren können, sofern sie sich an unser Rechtssystem halten. In England hat kürzlich die Empfehlung des Erzbischofs von Canterbury - Ehrenoberhaupt der anglikanischen Kirche - die Gemüter erregt, beim Ehe-, Personenstands- Finanz, Heirats- und Scheidungsrecht auch in England die Scharia gelten zu lassen. Justizminister Jack Straw hat inzwischen unmißverständlich klargestellt, dass britisches Recht über dem Rechtskodex der Muslime steht und deshalb auch von Migranten zu beachtet sei.
"Scharia-Gerichte" wird es bei uns nicht geben, unser Rechtssystem ist für alle verbindlich. Die Polygamie verstößt in Deutschland gegen den "ordre public" und ist verboten. Allerdings wird auch eine Ehe, die in einem islamischen Land nach gültiger islamischer Rechtsordnung geschlossen wurde (also z.B. eine Mehrehe) hierzulande teilweise durch das Internationale Privatrecht anerkannt, wobei es darauf ankommt, welche Rechtsmaterien betroffen sind (Aufenthaltsrecht, Sozialrecht oder Familienrecht). Was Ulfkotte polemisch mit „Stoffkäfig-Haltung von Frauen" meint, zielt wohl auf die in Deutschland sehr seltene Burka-Bekleidung ab. Hier gilt ganz klar, dass z.B. untersagt ist, mit einer Burka im Schulunterricht zu erscheinen. So sehr uns auch der Anblick einer mit Burka bekleideten Frau befremdlich erscheinen muss, was auf eine für uns nicht akzeptable Abschließung von Frauen in der Öffentlichkeit verweist, bleibt uns hier nur die öffentliche zivilgesellschaftliche Auseinandersetzung. Diese ist in der Tat zu führen. Wir geben unsere Werte nicht auf, sondern verteidigen sie gegen alle Ideologien der Ungleichheit, auch und gerade gegen Fundamentalismus und Islamismus.
Da eine abschließende Meinungsfindung bei diesem schwierigen Thema in der Tat nicht einfach ist, möchte ich Ihnen zum Abschluss gerne einen Beitrag von Christoph Burgmer mit dem Titel „Europäischer Islam oder islamisches Europa?“ empfehlen, der am 2. November im Deutschlandradio Kultur in der Reihe „Islam in Europa“ lief. Dieser ist ausgesprochen informativ und stellt differenziert die unterschiedlichen Positionen zum Thema Islam dar: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/essayunddiskurs/871121/
In der Hoffnung, dass ich Ihnen mit diesen Zeilen einige neue Denkanstöße geben kann, verbleibe ich
mit freundlichem Gruß
Lothar Mark